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Metaldays 2017 – Headbanger-Ferien im grünen Slowenien (1)

Anreise-2.jpg „Schon die Anreise, die durch die Serpentinenstraßen des Nationalparks über den Predilpass am höchsten Berg Sloweniens und dem Raibler See mit seinem leuchtend grünen Wasser vorbeiführt, ist ein wunderbares Naturerlebnis. Tolmin ist eine hübsche, von Bergen eingerahmte Kleinstadt, die wie die ganze Region für Paragliding und sonstige naturnahe Sportarten bekannt ist. Und für seine verschiedenen Festivals, die vor allem in den Sommermonaten stattfinden und die Region mit Arbeit in Fremdenverkehr, Gastronomie und Einzelhandel versorgen. In der letzten Juliwoche ist das Städtchen traditionell von 15.000 Metalheads bevölkert. Das Festival feierte dieses Jahr seinen fünften Geburtstag unter dem Namen „Metaldays„. Das Festival- und Campinggelände liegt unmittelbar am Zusammenfluss von Tolminka und der Soca, die als schönster Fluss Sloweniens gilt. Durch die Lage im Grünen hat das Festival einen unverwechselbaren, eigenen Charakter und wird von vielen Kennern als das „schönste Metalfestival Europas“ bezeichnet.

Offiziell startet das Festival am Montag, das Campinggelände war aber schon am Wochenende davor geöffnet und es gab sogar einige kleinere Opening-Auftritte von meist lokalen Bands. Der Montag begann mit einem heftigen Sturm, der bereits am Vormittag die neue „New Forces“ Bühne so stark beschädigte, dass die dort geplanten Auftritte erst in den kommenden Tagen nachgeholt werden konnten. Unter anderem traf es die Schweizer-Todesmetaller Omophagia, die ihre Schwarzen Anzüge, Bärte und ihren technischen Death-Metal erst am folgenden Tag nachholen konnten. So erfolgreich übrigens, daß sie nächstes Jahr auf der nächstgrößeren Bühne wiederkehren werden.

na_cruinthe.jpg „Am Nachmittag mussten dann beim zweiten Gewitter die irischen Folk-Metaller Na Cruinthe dran glauben, die die offizielle Eröffnung der Mainstage nach 20 Minuten wegen beinahe waagrechtem Starkregen leider abbrechen mussten, sowie die finnischen Thrasher Lost Society, deren Auftritt zum Bedauern Vieler ersatzlos ausfiel. Immerhin konnten die selten auf europäischen Bühnen anzutreffenden Japaner von Loudness ihren Auftritt auf der Second Stage nachholen. Auch wenn die Hauptbühne über drei Stunden gesperrt blieb und die nassen Füsse der Besuche eher vom Regen als vom Baden in der Soca herrührten, blieb die Stimmung doch erstaunlich entspannt. Der Metalhead nimmt solche Dinge in der Regel ja sportlich, nimmt ein Schlammbad vor der Bühne, trinkt ein paar kühle Bierchen und wartet darauf, dass die Action weitergeht. Zum Beispiel an der Second Stage, wo man bis zur Wiedereröffnung der Mainstage die amerikanische Occult-Metaller Absu bei einem ihrer eigentümlichen aber begeisternden Auftritte bewundern konnte.

Absu.jpg „Frontmann und Sänger „Proscriptor McGovern“, von Haus aus eigentlich Schlagzeuger, sang die ersten Songs hinter dem Drumkit und kam nach Eintreffen des Live-Schlagzeugers dann nach vorne. Von da an nahm die stilsichere Inszenierung nochmals deutlich an Intensität zu. Russ Givens, so der bürgerliche Name des bekennenden Okkultisten, kroch auf allen Vieren über die Bühne, vollführte mystisch-symbolische Handgesten und kreischte sich die Seele aus dem Leib. Die Musik der Texaner ist zu progressiv und vielseitig für eine Kategorisierung als Black-Metal, auch wenn vor allem der Gesang und die Texte sehr stark davon geprägt sind. Auf alle Fälle ist die Band ein erstaundliches Live-Erlebnis, das im Gedächtnis und im Bauch haften bleibt.

iced_earth.jpg „Nach dem Ende der Absu-Show ging es endlich auf der Mainstage weiter, wo der Co-Headliner Iced Earth um Bandleader und Hauptsongwriter John Schaffer die Ohren der ausgehungerten Metalheads mit dem wettergeplagten, ersten Festivaltag versöhnte. Die als exzellente Live-Band bekannten Amerikaner spielen Metal im klassischsten Sinne, Sänger Stu Block begeisterte mit exzellenten Judas-Priest-Gedächtnis-High-Pitches und die gesamte Band mit einer Energiegeladenen Show, die das Publikum begeisterte. Das konnte selbst Headliner Marylin Manson nicht mehr wirklich toppen. Als kommerziell erfolgreichste Band des gesamten Festivals durchaus ein Zugpferd für die Ticketverkäufe wirkte der Auftritt des Exzentrikers und seiner Bandkollegen allenfalls routiniert. Das zahlreich anwesende Publikum schien das nur teilweise zu stören, zumal Mr. Brian Hugh Warner und seine Band immerhin neue Songs aus ihrem Industrial-Metal-Universum und eine entsprechenden Bühnenproduktion (die Show begann mit Manson auf einem überdimensionalen Ledersessel bzw. Thron) präsentierten. Dass der Schockrocker sein Publikum allerdings nicht nach den geplanten 90, sondern bereits nach 70 Minuten beinahe überstürzt verliess, kostete ihn den Gesprächen der nächsten Tage zufolge doch einiges an Sympathiepunkten. Der Dienstag stand im Zeichen von nostalgieträchtigen Combos, die in den letzten Jahren ein Band-Comeback feierten. Dead End waren Ende der 80er eine der ersten Death-Metal-Bands aus den Niederlanden, lösten sich aber bereits 1992 auf. 2015 erfolgte die Reunion mit einem Teil der Gründungsmitglieder und dem deutlich jüngeren Sänger Bryan. Die Holländer eröffneten am zweiten Tag Nachmittags die Mainstage, eine undankbare Aufgabe. Viele Metalheads wollten wohl die Natur und das Baden in der Soca geniessen, was am Vortag nicht möglich gewesen war. So spielte der Fünfer vor einer Gruppe von maximal hundert Metalfreunden und sorgte für anerkennende Bewegungen der Nackenmuskulatur, aber auch den einen oder anderen Schmunzler. Frontmann Bryan warf T-Shirts ins Publikum, die jedoch aufgrund des breiten Fotograbens allesamt dort landeten und von den Ordnern mit einem Grinsen ins Publikum weiter transportiert wurden. Auch die aufblasbaren (!!) Kreuze als Bühnendekoration wirkten etwas deplatziert.
Sanctuary.jpgVisions of Atlantis stammen aus dem Umfeld von Serenity aus Österreich, die im letzten Jahr auf den Metaldays auftraten, damals mit der attraktiven, französischen Sängerin Clementine Delauney. Inzwischen ist die Französin neben ihrer Mitwirkung bei Melted Space gemeinsam mit Siegfried Samer für den Gesang bei Visions of Atlantis verantwortlich. Freunde von Symphonic-Metal à la Nightwish, Xandria oder Within Temptation hatten vor allem an dieser Besonderheit Spass. Delauney warb beim Publikum auf dem Hintergrund des nur wenige Tage zuvor erfolgten Suizids von Linkin-Park-Sänger Chester Bennington für Offenheit gegenüber an psychischen Erkrankungen leidenden Menschen, was ihr respektvollen Applaus einbrachte. Im wieder einsetzenden Regen war die zweite Pionierband des Tages, Sanctuary, leider noch weniger besucht und so kamen nur wenige Festivalbesucher in den Genuss einer Metal-Legende. Frontmann Warell Dane, ganz amerikanisch mit Cowboyhut auf der Bühne, gründete nach der Auflösung Nevermore, die ihrerseits seit der Reaktivierung von Sanctuary 2010 pausieren. Im Februar erschien „Inception“, eine Veröffentlichung von Material aus dem Jahr 1986, ein neues Studioalbum ist ebenfalls geplant. Obwohl Sanctuary im Besten Sinne klassisch klingenden Metal spielen, begeistern damals wie heute die Einflüsse aus Thrash- und Progressive-Metal.
GUTALAX-6.jpg „Den Mittwoch startete die Whiskey-Soda-Delegation auf der inzwischen wieder reparierten „New Forces Stage“ mit der Luxemburger Band Sleeper’s Guilt. Die hatte geschickterweise gleich die heimatliche Fangemeinde mitgebracht, die zum melodischen Death Metal begeistert vor der Bühne mit Fähnchen des Landeswappens winkten. Der halbstündige Auftritt machte Laune, bereitete aber nur unzulänglich auf eines der absoluten Gute-Laune-Highlights des ganzen Festivals vor. Nach dem Auftritt der Luxemburger strömten nämlich auf dem Hauptweg vom Campingplatz zur Hauptbühne Scharen von Metalheads mit ausgefallenen Utensilien: Tyranosaurus- und Fat-Lady-Kostüme sowie Einweg-Reinigungs-Overalls, Indianer-Federschmuck, bunte Luftballons und Unmengen von Klobürsten und Toilettenpapier wurden da vor die Mainstage transportiert. Des Rätsels Lösung: Die tschechischen Grindcore-Kultband Gutalax mit einem schwarzhumorigen Faible für menschliche Ausscheidungen traten auf. Songtitel wie ‚Asshole Rollercoaster‘, ‚Fart, Fart Away‘ oder ‚Shit of it All‘ sprechen eine klare Sprache. Die Gaudi im Publikum ist grenzenlos, die Klopapierrollen werden zu Luftschlangen umfunktioniert, es wird getanzt, gehüpft und viel, viel gelacht. Auf der Bühne rumpeln und rülpsen die vier Tschechen, als gäbe es kein Morgen. Eines war sicher: Die nachfolgenden Bands würden es schwer haben, dieses Feuerwerk zu toppen, auch wenn etliche davon sich in der Vergangenheit durchaus auch das Prädikat „extrem“ verdient hatten.

Beispielsweise der ehemalige Sänger und Bassist der Norwegischen Kult-Band Immortal, Olve Eikemo, besser unter seinem Künstlernamen Abbath bekannt. Nach einem Rechtsstreit mit seinen ehemaligen Bandkollegen hat Eikemo inzwischen unter seinem Künstlernamen Abbath eine eigene Band gegründet und inzwischen auch ein erstes Album veröffentlicht hat. Stilistisch ist das astreiner Black Metal, der Sound auf der Bühne in Tolmin trug neben den berühmten Posen des auffällig geschminkten Frontmanns durchaus zu einem gelungenen Konzert vor einer beeindruckenden Besuchermenge bei. Abbath sollte am nächsten Tag auch noch mit seinem Nebenprojekt, der Motörhead-Tribute-Band Bömbers einen ähnlich erfolgreichen Auftritt auf der baumumrandeten Second Stage haben. Der idyllische Platz im Zentrum des Festivals war beim Tribut an Lemmy proppevoll.
Bloodbath.jpg „Auf die Death-Metal-Supergroup Bloodbath hatten sich ebenfalls viele Anwesende gefreut – nicht zu unrecht. Denn erstens tritt die Band wegen dem Engagement ihrer Mitglieder in deren Hauptbands Katatonia, Opeth und Paradise Lost nur selten auf und zweitens steht die Band für stilsicher doomigen Death-Metal der alten Schule. Das strobo-flimmernde Scheinwerferlicht der Mainstage kam zwar nicht ganz so gut zur Geltung, weil die Sonne erst am untergehen war. Dafür rumpelten die Herren mit ihren blutüberströmten Gesichtern eine Stunde genüsslich im Tiefgeschoss der Tonleiter herum. Sänger Nick „Old Nick“ Holmes mit Soutane und Sonnenbrille hatte offenbar beste Laune und auch seine Mitstreiter waren mit Bluteifer bei der Sache. Definitiv eines der Highlights der diesjährigen Metaldays!

Mit einer Überschneidung begann dann auf der Nebenbühne der deutsch geprägte Endspurt des dritten Festivaltages mit einer weiteren Metal-Institution: Grave Digger. Die Classic-Metal-Combo aus dem Ruhrgebiet mit Frontmann Chris Boltendahl macht einen erstklassigen Job zur großen Begeisterung der Fans. Die sind mit einer großen Zahl genau wie der Sänger mit 80er-Jahre-Frisur als echte Metal-Nostalgiker zu erkennen. Bei kaum einem Auftritt waren im Publikum so viele Kutten und graue Haare anzutreffen. Kein Wunder, die Band hat beinahe 37 Jahre auf dem Buckel! Doro.jpg „Die perfekte Vorbereitung für den Auftritt von Headlinerin Doro Pesch auf der Hauptbühne um 22 Uhr. Die deutsche Metal-Königin braucht keine Vorstellung mehr und ist weltweit als bodenständige Headbangerin bekannt und beliebt. Entsprechend war der Platz vor der Mainstage gefüllt. Am Abend war auch wieder die Sonne herausgekommen und so ging der dritte Festivaltag mit milder Temperatur und einer besten gelaunten Entertainerin erfolgreich dem Ende entgegen. Wer das nicht ohnehin schon getan hatte, ließ den Tag bei Cocktails oder ein paar kühlen Budweisers an der romantisch-metallischen Strandbar ausklingen oder feierte bis spät in die Nacht hinein weiter.

Hier geht’s zur Fortsetzung des Festivalberichts.

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