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Sonne, Synthetik und Endzeitstimmung: Chrisis Alben des Jahres 2015


Editors
‚In Dream‘

(PIAS)
editors_indream.jpg “ Was sollte auf ein Album folgen, das die Stadionrock-Atmosphäre von Depeche Mode, U2 und auch Coldplay verströmte? Kann man die unglaublich fette Produktion von ‚The Weight Of Your Love‘ steigern? Und muss man das überhaupt? Im Zeitalter der Selbstoptimierung/-ausbeutung immer noch eine Schippe drauflegen? „Wir müssen gar nix“, werden sich Tom Smith & Co. gedacht haben, „und schon gar keine Stadien füllen.“ ‚In Dream‘ bietet ein geradezu minimalistisches Sounddesign. Als hätte es ‚The Weight Of Your Love‘ nie gegeben, knüpft man eher an die früheren Alben an. Was zu Beginn etwas fahl, geradezu unscheinbar wirkt, wächst mit jedem Durchgang. ‚In Dream‘ bestätigt aber auch durch den beschriebenen Ideenreichtum, dass es ‚The Weight Of Your Love‘ tatsächlich gebraucht hat. Die Editors haben wieder Grosses geleistet, es muss nur noch erhört werden.

Fidlar
‚Too‘

(Wichita / PIAS)
FIDLAR_TOO.jpgFIDLAR haben sich einen ebenso unverwechselbaren wie leichtfüßigen Sound zugelegt. Das herausragende Talent der Kalifornier ist es, eigentlich tragische Geschichten – die Perspektive des Süchtigen in der Abwärtsspirale, den Selbstbetrug, die Einsamkeit und letztendlich den Entzug – in ungemein sonnige, gute Laune versprühende Songs zu verpacken, mit Textzeilen wie

‚I’m just gonna crawl back inside my bed / I’m just gonna stay stuck inside my head / And I just wish that I was dead‘

. Was also darf man von ‚Too‘ erwarten? Nicht weniger als die Platte, auf die man den ganzen Sommer lang gewartet hat, ein Hitalbum voller grandioser Melodien und finsterer Abgründe, ein Widerspruch, auf den man sich erst einlassen muss.

Atlas Losing Grip
‚Currents‘

(Hamburg Records / Cargo)
atlaslosinggrip_currents.jpg “ Punkrock zum Zweiten. Musikalisch bietet die Band aus Lund aber weit mehr als den üblichen Skatepunk kalifornischer Prägung. Zwar hat der Gesang von Rodrigo Alfaro eine Gewisse Ähnlichkeit mit dem eines Greg Graffin, allerdings geben gerade die beiden Gitarristen dem Sound ein gewisses Thrash-Metal-Aroma, mit zwei sich ergänzenden Lead- und Rhythmusgitarren wie zu besten Metallica-Zeiten. Dazu der glasklare doublebass-lastige Drumsound. Und immer wieder fantastische Melodien. ‚Currents‘ ist ein spannendes und mitreißendes Album geworden.

Limb
‚Terminal‘

(New Heavy Sounds)
limb_terminal.jpg „Hurra, diese Welt geht unter! Limb spielen auf ihrem Album ‚Terminal‘ mit der Vision der völligen Zerstörung der Erde und den Möglichkeiten eines Lebens danach. Die Produktion vertraute man Russ Russell an (u. a. Napalm Death, Dimmu Borgir) an, der den Sound der Briten einem ordentlichen Face-Lifting unterzog. Gleich die ersten Takte bezeugen, dass man sicherlich einige gute Entscheidungen getroffen hat und sämtliche Regler noch ein wenig weiter nach rechts gedreht wurden. Nach wie vor spielen Groove und wuchtig-schleppender Doom die dominante Rolle, mitunter hört man aber auch den rohen Rock’n’Roll von Motörhead oder gar Hardcore-Anleihen heraus. Limb klingen böse, massiv und heavy. Für Dynamik sorgen die allgegenwärtigen Tempowechsel. Ein absolutes Killeralbum.

New Order
‚Music Complete‘

(Mute)
neworder.jpg “ Wahrhaftig eine Wunderkiste, in der ‚Normalo‘-New Order Songs mit der musikalischen Substanz der letzten drei Alben, aber auch zackige Tanznummern mit sattem Beat stecken. Die Fans finden in der sanften Stimme Sumners, den eingängigen Melodien und den doppelten Basslines genügend Vertrautes und noch mehr Spannendes. Vermissen wird man auf dem neuen Album nichts, die Maschine läuft also auch ohne Ex-Basser und Gründungsmitglied Peter Hook. Mit ‚Music Complete‘, der Name deutet es an, erwartet den Hörer ein stilistisch umfassendes New Order Album – das wohl abwechslungsreichste der Bandgeschichte.

editors_gaensehautmoment_2015.jpg

Am 13.11.2015 sorgten die Editors in der Laiterie in Straßburg im Finale mit ‚Marching Order‘ für einen Gänsehautmoment.

Mooooment, zwei Videos hätte ich noch im Angebot. Fidlar mit dem witzigen ’40oz. On Repeat‘ …

… und die Schweizer Sludge-Urgesteine Unhold mit ‚I Belong‘

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