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Meliora

Gut möglich, dass Ghost die spannendste Rockband der Stunde sind. Gut möglich auch, dass ihr Erfolg mit der skurrilen Erscheinung und der geheimen Identität der Bandmitglieder zusammenhängt. Das hat schon bei Kiss und Slipknot funktioniert. Aber das Image wäre wertlos, wenn die Musik nichts taugte. Und glücklicherweise ist bei Ghost das Gegenteil der Fall. Songs wie „The Monstrance Clock“ oder „Ritual“ sind längst Kult. Die Fangemeinde wächst und wächst.

Entsprechend heiß wurde „Meliora“ erwartet, das erste Album mit Frontmann Papa Emeritus III., der erst im Sommer vorgestellt wurde, sich aber schon live bewiesen hat. Manch einer hat den Unterschied zum Vorgänger kaum bemerkt. Mit ihm am Mikrophon bleiben sich Ghost auch auf ihrer dritten Langspielplatte treu. Stellvertretend dafür steht die hervorragende Single „Majesty“ mit harten Gitarrenriffs, klassischen Orgelklängen und eingängigem Refrain, umwoben von einem düsteren Klangschleier.

Opener „Spirit“ geizt nicht mit progressiven Elementen. Die leicht zähen Melodien zeigen Anleihen vom Doom Metal. Aber dann ist da immer wieder der chorale Hintergrund-Gesang, der den Songs etwas Episches, etwas Monumentales verleiht. Das macht schnell süchtig. Beim düsteren Intro von „From The Pinnacle To The Pit“ hätten sich Menschen früher vielleicht gegruselt. Heute schmunzelt das Publikum. Ghost sind perfekte Entertainer, die amüsantes Gruselkino für Augen und Ohren machen.

Aber sie können auch anders. „He Is“ zeigt die Band aus Linköping von einer erstaunlich harmonischen Seite. Das geht schon fast in Richtung Ballade. Aber es steht ihnen gut zu Gesicht bzw. zur Maske. Das muss wohl der Einfluss von Produzent Klas Åhlund sein. Der Songwriter und Produzent hat schon mit Katy Perry, Britney Spears and Madonna zusammengearbeitet. Wollen Ghost in die Charts? Keine Sorge, auf „He Is“ folgt das superdüstere „Mummy Dust“.

Mit „Absolution“ gibt es noch mal einen Hauch von kommerziellem Power-Metal-Sound. Man spürt starkes Potential für die nächste Single-Auskopplung. Dem Intro, das ein wenig an Metallicas „Enter Sandman“ erinnert, folgt ein wuchtiger Refrain mit dominantem Klavierspiel. Mit „Deus In Absentia“ versteckt sich zum Schluss ein weiterer, äußerst harmonisch anmutender Refrain zum Mitsingen. Das Lied endet allerdings in einem plötzlichen choralen Finale.

Wer Ghost einmal live erlebt hat, kann sich ihnen nur schwer entziehen. Selbst wem der Zugang zu ihrer Musik anfangs fehlt, wird feststellen, dass Papa Emeritus und seine namenlosen Ghouls überraschend unterhaltsam sind. Ihr musikalisches Repertoire haben die Schweden mit „Meliora“ noch einmal hochklassig erweitert. Bei den kommenden Ghost-Konzerten (November und Dezember) darf man sich neben Papas Sprüchen definitiv auch auf die neuen Songs freuen.

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