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QATSI

Überfüllte Städte, Naturlandschaften geprägt von Raffinerien und riesige Seen, deren Oberflächen mit Öl und anderen Chemikalien verschmutzt sind: Mit solchen Kontrasten setzt sich die Film-Trilogie „Qatsi“ auseinander. Die drei Filme „Naqoyqatsi“, „Koyaanisqatsi“ und „Powaqqatsi“ des US-Regisseurs Godfrey Reggio zeigen dies mit beeindruckenden Bildern und ohne jegliche Sprache. Mit dem gleichnamigen Konzept-Album behandelt Gitarren-Virtuose John Browne (Monuments) in 14 Songs eben dieses Thema – in Anlehnung an die Vorlage rein instrumental.

Die wuchtigen Grooves, die man von Monuments ja schon gewohnt ist, werden hier in rhythmisch synkope Melodien verpackt und geben trotz fehlender Vocals ein stimmiges, abwechslungsreiches Bild ab. Der Einfluss Anup Sastrys beziehungsweise Monuments ist unüberhörbar. An manchen Stellen sind die synthetisch-orchestralen Akzentuierungen ein wenig „over the top“, bilden während der meisten Songs jedoch eine gute Textur für den benötigten Tiefgang. Die meiste Zeit verbringt das Album in Kopfnicker-Halftime. Das groovt ordentlich, doch stellenweise hätte durch Spielereien mit dem Metrum eine Steigerung der Intensität erreicht werden können.

Was das Niveau angeht zeigt John, dass er Einer der Besten ist, was die Gitarre angeht. Der Bass paraphrasiert die Drums, wirkt aber wenig lebendig. Rhythmisch sehr ausgefeilt, fehlt es den Drums insgesamt etwas an den Feinheiten. Beim Song „The Heart Of Atlantis“ sind noch Jakub Zytecki (Disperse) sowie Chris Letchford (Scale The Summit) als Gastmusiker zu hören. Deren Einflüsse sind stark zu hören und das lässt den Song stark von den anderen hervorstechen. Was den Sound angeht ist die Platte on par mit jeder beliebigen AAA Produktion. John Browne hat das komplette Album inklusive Mixing und Mastering in Eigenregie produziert. Hut ab!

Das Konzept hinter dem Album erzählt eine Geschichte von einem Menschen, der sich selbst umgeben von zwölf Geschöpfen findet, die Wiedergeburten seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft repräsentieren. Alle fanden Makel an sich, Anderen, ihren Entscheidungen oder an der Gesellschaft als Ganzes. Dies bereitete ihne auf ihrem Pfad durch das Leben Probleme. Diese zwölf Individuen berichten ihre Erfahrungen in der Hoffnung, anderen Menschen einen leichteren Weg zu eröffnen. In den Filmen von Godfrey Reggio funktioniert die Idee der Gesellschaftskritik sehr gut, da die Bilder die Geschichte erzählen und die Musik die Stimmung aufbaut beziehungsweise verstärkt. Das musikalische Pendant „QATSI“ funktioniert in der Hinsicht ohne Lyrics leider nicht so gut und büßt so stark an Wirkung ein. Nichtsdestotrotz sind die kurzen Erzählungen sehr vielseitig und abstrahieren die heutigen Zustände auf ein bizarres, aber repräsentatives Niveau. Wer die Erläuterungen von Browne dazu liest, findet leichter Zugang zum niveauvollen Thema. Ohne Hintergrundwissen zum Film, oder Erläuterungen alleine, wird das Konzept trotz sehr dynamischer und handwerklich gut gemachter Musik leider zu wenig deutlich.

Im Großen und Ganzen ist „QATSI“ ein sehr dynamisches Debüt, das sich gut am Stück runterhören, jedoch ohne Hintergrundwissen und/oder Lyrics das Konzept hinter dem Album nicht ersichtlich werden lässt. Wer Interesse hat, kann sich das ganze Album auf YouTube im Stream anhören. Es lohnt sich stellenweise, ergänzend das Video zu schauen, da die oben erwähnten Hintergrundgeschichten zu den Songs eingeblendet werden. Leider ist für den Rest der Zeit nicht viel zu sehen.

geschrieben von Wolfgang Füßenich

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