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Infinite Dissolution

Ihr Name: Locrian. Ihr Stil: Electronic Experimental Dark Ambient Drone Post Rock Black Metal, oder kurz: Schall und Rauch. Ihre Mission: sich esoterisch geben, Tracklängen würfeln, wirre Songtitel ausdenken und gucken, was passiert. Mit ‚Infinite Dissolution‘ hat die Band aus Chicago dieses Vorhaben überschrieben. „Unendliche Zersetzung“. Na, wenn das mal keine schlechte Entschuldigung ist für das dilettantisch-prätentiöse Püree, das hier über eine gute Dreiviertelstunde aus den Boxen sickert. Da ist wohl die gesamte Muße vorab für den Grafiker draufgegangen, der das hochtechnologisiert-futuristisch und irgendwie wohl auch ein bisschen professionell gemeinte Coverartwork designte.

Während sich also Locrian mitsamt dem ihnen entgegengebrachten Grundrespekt zusehends auflösen, geschieht eines sofort und ohne Umschweife: Die fette Promo-Blase platzt; das tiefgreifende Sounddesign entpuppt sich als pseudointellektuelles Konzeptgedröhne. Das erste und hochverdünnte Zeichen von Inspiration: eine Art stoßweises Screaming in ‚The Future Of Death‘. Das zweite Zeichen: ein vages Gitarrenmotiv in ‚An Index Of Air‘. Schließlich ein verkappter Chor in ‚The Great Dying‘, ein leichtes Antauen der Harmonien dank ‚Heavy Water‘ kurz vor Toresschluss. Dazwischen: wortwörtlicher Wellensittich an Tonsoße mit gerösteten Synthie-Bröseln. Bei weitem nicht genug der Nahrung für Songs wie Zombies, die hier gerade den letzten Hauch Seele ausrotzen. Wer das für atmosphärisch hält, dem ist nicht mehr zu helfen. Wer aber eine Band hat oder kennt, die noch Interludes, Intros oder Outros braucht – hier hat man ein paar arme Exemplare ausgesetzt. ‚Infinite Dissolution‘ macht sich als Grabbeltisch, aber nicht als die progressive Rekonstruktion des Missing Link zwischen Drone und Black Metal, als die es angestrebt war.

Vielleicht ist aber auch der Hörer schuld. Vielleicht sind Locrian ja ein paar Etagen zu hoch, ein paar Kragen zu weit für den einfachen Musikkonsumenten. Vielleicht sind sie aber auch einfach nur die nächsten knorpeligen Speisereste zwischen den Backenzähnen der Belanglosigkeit. Die nächste tote Laborratte, die irgendwie irgendwann auf Umwegen zu etwas Besserem beigetragen haben wird. Auch wenn das hier alles reichlich wenig mit Mut, geschweige denn mit Sendungsbewusstsein zu tun hat, sei ihnen soviel fairerweise angerechnet. Im Hier und Jetzt gehen Locrian jedoch glorreich baden.

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