Hogjaw – Wie man Hanseaten entkühlt
„Erfahrungsgemäß ist auf einem Dienstag in der „Meise“, wie der Bremer Club liebevoll genannt wird, nie übermäßig viel Betrieb. Außerdem – auch hier spricht die Erfahrung – braucht es einige Anstrengung, um die reservierten Hanseaten von ihren Barhockern und Stehtischen weg zu locken und unmittelbar vor die kleine Bühne zu bringen. Auf dieser stehen heute vier kernige Typen aus Arizona auf ihrer vierten Europatour, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Meisenfrei mit groovigem Southern Rock und knackigen Boogie Rhythmen zu beschallen und die Verstärker zum Glühen zu bringen.
Als Hogjaw die Bühne betreten und mit ‚Rollin Thunder‘ das Konzert eröffnen, hat sich der Club wider Erwarten doch relativ gut gefüllt, und es muss an der geballten Energie des amerikanischen Quartetts liegen, dass schon kurz darauf tatsächlich getanzt wird. Eine Stunde später haben sich auch die an den Tischen und der Theke Sitzenden anstecken lassen und wippen zumindest im Takt mit oder strapazieren beim gepflegten Headbangen die Nackenmuskulatur.
„Für Bremer Verhältnisse ist das tatsächlich eine Menge, und der anhaltende Applaus zeigt, dass Hogjaw mit ihrem Hardrock bei den Bluesfans gut ankommen. Der Sound ist druckvoll und sehr laut, aber auch gut abgemischt und klar zu verstehen. Mit den rotzigen Riffs und Basslines klingen die Amis ungefähr so, als ob AC/DC aus Alabama kämen und Südstaaten-Rock spielen würden. Und das gefällt.
„This is a song about drinking“, wird der Titel ‚Hells Half Home Of Mine‘ vorgestellt. „We’ve got quite a lot of them.“ Im heißen staubigen Arizona bekommt man eben schon mal Durst. Aber bei Hogjaw geht es nicht nur um Alkohol. Insbesondere bei der wunderbaren und epischen Nummer ‚I Will Remain‘ kommt Stimmung auf, als Jimmy ein fulminantes Gitarrensolo spielt und Frontmann JB Jones (beeindruckend sowohl von der Stimme als auch der Körpergröße her) den wohl einzigen Song schmettert, der jemals aus der Perspektive eines Berges (!) geschrieben wurde. Die vor der Bühne tanzenden lassen sich zu Luftgitarren-Soli und wildem Headbangen hinreissen, und die Band ist über die gute Laune ihres Publikums sichtlich erfreut. Da wird dann auch gleich mal die Stadt Bremen gelobt trotz des schlechten Wetters heute. „We love it here when it rains. And we love it here, when it…rains.“ Am Konzerttag hat es tatsächlich eine Menge Regen gegeben. Jetzt regnet es im Zuschauerraum und auf der Bühne nur noch Schweiß und Bier.
„Hogjaw müssen sich nicht hinter Vorbildern und Inspirationen wie Molly Hatchet, Nashville Pussy oder Lynyrd Skynyrd verstecken, und auch wenn Frontmann JBs Bart noch nicht ganz die richtige Länge hat, dürfen die vier Amerikaner mit voller Berechtigung auch im gleichen Satz wie ZZ Top genannt werden. Der Abend ist entsprechend auch laut und schnell, die Songs überwiegend kräftig und von den treibenden Riffs der beiden Gitarristen JB und Jimmy dominiert. Aber auch die Rhythmussektion mit „Elvis D“ am hämmernden Bass und „Kwall“ am Schlagzeug leistet hervorragende Arbeit. Elvis D trägt einen Cowboyhut und hat sich mit Federn geschmückt. Er springt dann auch mal von der nicht allzu hohen Bühne direkt in den Saal und mischt sich mit seinem Bass direkt unter das Volk, und auch Lead-Gitarrist Jimmy steht so nahe am Bühnenrand, dass die Fans bequem auf Tuchfühlung gehen können. Jede gespielte Note und jede gesungene Textzeile sind von Grund auf ehrlich, und somit liefern Hogjaw ein makelloses und vor allen Dingen mitreissendes Konzert ab, das die reservierten Hanseaten tatsächlich in Wallungen versetzt.
„Die Amerikaner spielen sich auf ihrer Setlist durch einen Querschnitt ihrer bisherigen fünf Alben, wobei der Schwerpunkt naturgemäß auf dem aktuellen Longplayer „Rise To The Mountains“, aber auch auf dem Debütalbum „Devil In The Details“ liegt. Einzig die treibende Bikernummer ‚Fire, Fuel And Air‘ und der Partysong ‚The Smoker‘ der neuen Platte werden im heutigen Set schmerzlich vermisst. An das Ende von ‚County Line‘ schließt sich eine längere Jamsession an, die eindrucksvoll die Kreativität und Instrumentenbeherrschung der Musiker belegt. Jaulende Gitarren, krachende Hardrock-Riffs, bluesige Slides und der treibende Bass setzen gekonnte Akzente. Immer wieder prosten sich Band und Publikum gegenseitig mit ihren Bierflaschen zu.
Eine lautstark geforderte Zugabe wird nach nur einminütiger Pause natürlich ebenfalls präsentiert, und wenn es nach dem Publikum ginge, hätten Hogjaw auch nach den letzten beiden Songs noch eine Weile weitermachen dürfen. So ist nach geschlagenen zwei Stunden packender Rockmusik der Andrang am Merchstand groß, als die Musiker nach ihrem gelungenen Auftritt mit den Fans plaudern, ein gemeinsames Bierchen trinken oder bereitwillig Autogramme auf Plattenhüllen und Postern, ja sogar auf einer Jacke geben.
„“Die sind klar besser als Lynyrd Skynyrd!“ stellt ein begeisterter Konzertbesucher fest. Ob man Hogjaw tatsächlich schon in einem Atemzug mit dieser Legende des Southern Rock nennen darf, mag zwar (noch) angezweifelt werden, aber die Jungs sind definitiv auf dem besten Weg und werden auf diesem auch ganz sicher nach Bremen zurückkommen. Spätestens in zwei Jahren mit dem nächsten Album.
Setlist Hogjaw, Bremen, Meisenfrei, 06.10.2015
Rollin‘ Thunder
Over For You Know It
Where Have You Gone
Hells Half Home Of Mine
Am I Wrong?
I Will Remain
Leaving Through The Back Door
Ain’t Ever Gonna Win
County Line
Gitsum
Road Of Fools
The Fog
Another Day
Swamp
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Junga
This Whiskey
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Alle Fotos von Michael Buch