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Glitter

Das Debüt der drei – natürlich – Schwedinnen von Heavy Tiger hatte vor drei Jahren den Kollegen DanielF ja auf dem vollkommen falschen Fuss erwischt. Nun, zugegeben, man darf die gnadenlose Überdosis an Kitsch, Bubblegum und Zuckerguss, mit dem die drei Tigerdamen ihren The Donnas-meets-Hellacopters-Retrorock überziehen, durchaus auch doof finden. Alternativ kann man aber, sofern man keinen großartigen progressiven Anspruch hat, an ihrem Zweitwerk „Glitter“ auch durchaus Spaß haben.

Die über 100 Shows seit „Saigon Kiss“ und das Touren mit Michael Monroe und den Backyard Babies scheinen kräftig auf die Band abgefärbt zu haben. Im Vergleich zum Debüt klingt das Ganze nämlich deutlich runder und kraftvoller, ja, auch massentauglicher. Nicht nur dank der fetten Kiss-anno-1974-Gitarren und der omnipräsenten „Oohzin‘ Aaahs“, auch die Songs haben einfach mehr Melodie und kommen besser auf den Punkt. Nicht selten erinnert „Glitter“ sogar an Imperial State Electric, und nicht nur (offen gesagt, sogar noch am Wenigsten) im von Nicke Andersson produzierten Rausschmeißer ‚Devil May Care‘, den ihnen noch dazu The Ark-Boss Ole Salo auf die jetzt goldcatsuitbespannten Leiber zugeschnitten hat. Kalkuliert? Ach wo, wer wird denn Böses denken? Ist ja aber auch eigentlich scheißegal, solange der Unterhaltungswert stimmt. Und da die Stockholmerinnen sich selbst erfreulich unernst nehmen, wirkt das Endresultat sogar durchaus sympathisch.

So oder so, man muss Heavy Tiger auf jeden Fall zugestehen, daß sie auf „Glitter“ musikalisch einen kräftigen Schritt nach vorne gemacht haben. Sängerin/Gitarristin Maja Linn hat jetzt nicht nur ’nen zuckersüßen Kurzhaarschnitt, sondern singt auch deutlich abwechslungsreicher als auf dem noch sehr garagenmäßigen Debüt. Und ja, tatsächlich hat sie stimmlich sogar ein wenig Dreck zugelegt. Nach Himbeertörtchen schmeckenden Einhornpupsglitterdreck zwar, aber immerhin. So richtig nach Straße, Schmutz und lebensgefährlichem Rock klingt das immer noch nicht, aber das ist auch nicht unbedingt das Ziel von Heavy Tiger. Songs wie ‚Shake Me‘ (‚ooo ‚err!), ‚No Tears In Tokyo‘, ‚Catwalking‘ und speziel ‚Starshaped Badge And Gun Shy‘ lassen eher erahnen, wie das geklungen hätte, wenn Katy Perry die Rock-Elemente ihrer ersten beiden Alben mit Hilfe schwedischer Retrogitarrenschwinger weiterverfolgt hätte, statt sich – ebenfalls in Schweden – zur Synthiepop-Prinzessin ausbilden zu lassen.

Klar, wer hier irgendwas Anderes als knuffelige Bubblegummucke erwartet, wird möglicherweise in allen Regenbogenfarben (aber natürlich!) losreihern. Als kurzweiliger Zeitvertreib und Launemacher ist „Glitter“ aber eine echte Macht, die auch mich endlich mal wie ein fünfzehnjähriges Mädchen fühlen läßt.

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