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The Rise Of Chaos

Wäre ich eine Spielernatur, hätte ich auf den Versuch, Accept ohne Udo Dirkschneider zu reanimieren, dennoch keinen Cent gesetzt. Dennoch, wieder jede Erwartung, sind Accept 2017 wieder eine aktive Größe im Metalgeschäft. Auch wenn heute nur noch Wolf Hoffmann und Peter Baltes von den vertrauten Gesichtern übrig sind, soll es gar Fans geben, die die alten Achtziger-Scheiben gar nicht mehr kennen.

Nun, es ist eigentlich auch offenkundig egal, ob die 2015 geschassten langjährigen Mitglieder Hermann Frank und Stefan Schwarzmann bei Accept spielen oder, wie hier, Ex-Grave Digger-Klampfer Uwe Lulis und Drummer Chris Williams. Musikalisch sind Accept eben Accept, ohne Experimente, die Produktion klingt wieder genauso digitalisiert, durchprogrammiert, klinisch und letztlich auch fett wie auf den letzten, ebenfalls von Andy Sneap produzierten Alben, und die Riffs kennt man auch alle schon aus den Jahren 1981-1987. „The Rise Of Chaos“ ist aber eben auch das vierte Album mit Mark Tornillo am Mikrofon, und es kann gar nicht überschätzt werden, wie sehr der Sympathikus für den derzeitigen Erfolg der Band verantwortlich ist. Die Songwriter Hoffmann und Baltes mögen sich als die Kreativköpfe der Band verstehen, aber es ist das kantige, an den Vorgänger erinnernde und dennoch genug Eigenes transportierende Organ Tornillos, das auch eher durchschnittliche musikalische Einfälle mit ausreichend Credibility versieht und somit aus besagtem Durchschnitt abhebt. Das gilt auch für das neue Album. Echten Highlights wie ‚What’s Done Is Done‘, ‚Hole In The Head‘ und ‚World’s Colliding‘ steht nämlich wieder einiges Mittelmaß wie die etwas zu platt auf Mitgröhltauglichkeit gebürsteten ‚Die By The Sword‘ oder ‚Analog Man‘ entgegen – singt mit letzterem Tornillo gar einen Protestsong gegen die Triggerdrums seiner eigenen Band? Man weiß es nicht – Tatsache ist aber, daß er es schafft, selbst die tausendfach gehörten Accept-Standardnummern wie den Speedie ‚Carry That Weight‘ mit engagiertem Vortrag sicher über die Ziellinie zu bringen und von ‚hörbar‘ zu ‚gut‘ zu adeln.

Der konservative Accept-Fan wird hier auch sicher zufriedengestellt. Etwas weniger konservative Hörer werden aber zurecht bemängeln, daß sich nach acht gemeinsamen Jahren der Überraschungseffekt des Comebacks auf „Blood Of The Nations“ weitgehend abgenutzt hat und an dessen Stelle immer mehr der „kenn-ich-schon“-Effekt tritt. Ohne das rettende Charisma des Frontmannes würde deshalb hier mit Sicherheit eine niedrigere Bewertung stehen.

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