Last Chance To Dance
Die Ramones leben weiter! Was für eine Wohltat für jüngere Fans der elektrisch verstärkten Beatmusik, kurz: Punkrock. Für die, die die originalen Ramones nicht mehr live erleben können, reist nun wenigstens einer noch rund um die Welt und hält den Kult am Leben, ohne ein Best-Of-Act zu sein. CJ Ramone beglückt uns nun innerhalb kürzester Zeit mit seinem zweiten Soloalbum, dass uns wieder einmal in die gute alte Punkrock-Zeit der alten Helden des Genres entführt. Wer sich eine Platte von ihm und seiner Band holt oder zum Livekonzert geht, will nichts anderes, als Ramones-Songs hören. Daran sollte jedoch die Qualität seines Albums nicht gemessen werden, denn, wenn CJ Ramone nur diesen Wunsch erfüllen wollen würde, hätte er lediglich alte Songs gecovert. Hat er aber nicht. CJ Ramone schreibt eigene Songs. Da kann der relativ neutrale Hörer schon ein paar Ausbrüche und kleinere Experimente erwarten oder besser sich erhoffen.
Der Opener des Albums ‚Understand Me?‘ wurde bereits vor ein paar Wochen als Appetizer veröffentlicht. Der Song rockt von der ersten Sekunde an. Er ist mehr Rock’n’Roll statt klaissischen Punkrock. Dennoch ist er typisch für die etwas späteren Ramones, die schon immer bekannt für eingängige Rocksongs waren. CJ Ramone traut sich als Sänger mehr als Joey (Originalsänger). Dennoch überrascht er nicht wirklich. ‚Won’t Stop Swinging‘
ist da schon eine ganze Ecke melodischer und erinnert beinahe schon an Social Distortion. Gitarrist Dan Root (Adolescents) darf sich ordentlich austoben und ein Solo nach dem anderen klimpern. Bis zum fünften Song muss man warten, bis CJ Ramone dann auch mal seine romantische Seite zeigt. ‚Til The End‘ ist ein kitschiger, vor Zuckerguss klebener Liebesbeweis. Wird sowas von einer Punk-Legende gesungen, wirkt es dennoch authentisch. Damit wird CJ Ramone live vermutlich Punker-Ladies jeder Altersklasse zum schmelzen bringen. So einen Song braucht eine Ramones-Platte, ohne Frage.
Gerade textlich sticht der Song ‚Mr. Kalashnikov‘ besonders heraus. Rockig, mit für Ramones-Verhältnisse brachialen Gitarren rotzt CJ seinen Text geradezu seinem Hörer entgegen. Auch im gesetzteren Alter scgheint Herr Ramone noch etwas zu sagen zu haben. Wichtiger Song für das Album, dass ansonsten textlich recht belanglos erscheint. Ungewöhnlich spät, vorletzter Song, kommt endlich der Titeltrack zum Album. Wer seiner Neugier vor dem kompletten Durchhören nicht standhalten konnte und schon mal vorgeskipt hat, versteht auch warum, der Song so spät kommt. ‚Last Chance To Dance‘ ist tatsächlich der letzte Song des Albums, der zum Tanzen animiert, und das, obwohl das Album 12 Songs zählt… Der letzte Song heißt ‚Clusterfuck‘ und ist anders als der Rest der Scheibe. Der Song ist schneller, lauter und aggressiver als alles andere davor. CJ Ramone singt durch ein Megafon, um das Unbehagen, das der Songs verursacht zu verstärken. Das geht schon in Richtung Hardcore-Punk, ist jedoch genauso schnell wieder vorbei, wie es begonnen hat. Trotzdem danke an CJ Ramone, dass er sich doch noch was getraut hat. Die hohen Erwartungen der Fans, gepuscht durch die glorreiche Vergangenheit der Ramones werden mit ‚Last Chance To Dance‘ durchaus erfüllt.