Where Greater Men Have Fallen
Acht Alben lang beweisen Primordial mittlerweile, dass sie im Metalbereich schlichtweg jenseits von jeglicher Konkurrenz sind. Primordial können alles, was man als Metalband können muß und noch viel mehr.
Auch auf ‚Where Greater Men Have Fallen‘ verbinden Primordial wieder all die Elemente durch die sie ihre Ausnahmestellung erreicht haben. Mehr noch als auf den Vorgängern gibt es wieder rasende Elemente, die eher dem Black Metal zuzuordnen sind – durchgehendes Gedresche wie ‚The Seed Of Tyrants‘ jedenfalls gab es auf ‚Redemption At The Puritan’s Hand‘ nicht. Ansonsten aber triumphiert die Melancholie, die Düsternis, das Schwelgen in epischem Bombast. Es gibt keine – wirklich nicht mal entfernt – andere Band die es schafft, irische, keltische und bombastische Elemente nur mit der klassischen Metalbesetzung zu interpretieren – ohne Geigen, Keyboards, Klaviere, mittelalterlichen Firlefanz oder Orgeln. Das Songwriting ist von einer seltenen Brillanz – die Gitarren führen den Hörer in eben diese Welt, aber sie zeigen nur den Weg. Der Rest passiert dann im Kopf des Hörers von ganz allein.
Einen Übersong wie ‚Where Greater Men Have Fallen‘ hat die Welt jedenfalls in diesem Stil noch nicht gesehen. Die Melodien jagen einem Schauer den Rücken hinunter und zwar pausenlos. Der Gesang von Nemtheanga ist so vieles gleichzeitig: tragisch, traurig, aggressiv, anklagend, verzweifelt, frustriert, hoffnungslos, wütend. Das harmoniert mit den epischen Melodien der Gitarren und dem tragenden Bass natürlich aufs Perfekte. Noch dazu gehören Primordial zu den wenigen Bands, die wirklich etwas zu sagen haben. Die Texte über den Verfall von Werten, den Verfall der Welt, den Verfall der Menschen sind nicht nur qualitativ an der Spitze dessen, was im Metal angeboten wird, sie sind auch tiefgründig und tiefgehend.
‚It seems the lands of the free / are born of the cold and empty grave / and the myths of liberty / bind our wrists like slaves‘
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Die Stücke haben allesamt Primordial-übliche Ausmaße von sechs bis neun Minuten Länge, aber wie immer stimmt alles, nichts ist zu viel. In manchen Momenten erschaffen Primordial Atmosphäre durch Wiederholung, in anderen Augenblicken brechen sie mit den gerade gehörten Strukturen um den Hörer aufzuwecken. Alles ist durchdacht, intelligent und von einer faszinierenden dunklen Schönheit, hat aber trotz aller Melancholie immer den nötigen Grad an Aggressivität – nicht zuletzt aufgrund des anklagenden Gesanges.
Neben dem bereits genannten Titeltrack muß natürlich ‚Wield Lightning To Split The Sun‘ mit seinem bathoryesken Pathos genannt werden sowie das überwältigende ‚Come The Flood‘. Auch ‚Born To Night‘ mit seinem fast dreiminütigen Intro zieht den Hörer sofort in Bann. Dazu kommt, dass es diesmal keinerlei Ausreißer nach unten gibt – Primordial haben mit ‚Where Greater Men Have Fallen‘ ihr endgültiges Meisterstück abgeliefert.
Intelligent, hart, durchdacht, düster, anspruchsvoll, roh und räudig – es gibt keine, wirklich keine, andere Band in der Metalwelt die diese Elemente alle vereinen kann. Primordial waren, sind und bleiben das Nonplusultra.
Wenn man sich in diesem Jahr nur ein einziges Album zulegen will (wer auch immer so blöd ist, denn 2014 war ein sehr gutes Jahr!), der sollte trotz Machine Head und trotz At The Gates auf jeden Fall zu ‚Where Greater Men Have Fallen‘ greifen. Das Album des Jahres.