Forever Warriors/Forever United
Man kann Doro ja mit Sicherheit nicht vorwerfen, faul zu sein. Wenn sie nicht gerade auf Tour ist (und ist Doro nicht immer irgendwo auf Tour?), absolviert sie Gastauftritte in Talkshows, bei anderen Bands oder schauspielert gelegentlich. Nur auf neues Studiomaterial musste man als Fan der Unermüdlichen diesmal ungewohnt lange, nämlich satte sechs Jahre warten. Deshalb dürfte es auch kaum einen Doro-Fan stören, dass das neue Album gleich ein Doppeldecker geworden ist.
Laut Plan soll dabei der erste Silberling, „Forever Warriors“ betitelt, die Heavy-Seite der Düsseldorferin aufzeigen, CD 2 mit dem Titel „Forever United“ eher die ruhige und emotionale Seite. Ganz strikt hat man die Trennung nicht eingehalten, auch auf CD 1 finden sich mehrere Balladen, und CD 2 enthält durchaus auch rockigere Songs. Zwei Coversongs gibt es auch: Whitesnakes ‚Don’t Break My Heart Again‘ und eine weitere Motörhead-Ballade, diesmal ‚Lost In The Ozone‘ wurden verwurstet. Wie sich das für ein ordentliches Doppelalbum gehört, hat Doro generell viel Wert auf Abwechslung gelegt. Von traditionellen Hardrock-Metal-Klängen bis hin zu klassisch angehauchtem (‚Caruso‘), punkig angehauchtem Boogierock zwischen (gezähmten) Cock Sparrer und Rose Tattoo (‚Metal Is My Alcohol‘), AC/DC- oder Twisted Sister-mäßigen Gute-Laune-Rock’n’Rollern (‚Blood Sweat & Rock & Roll‘, ‚Backstage To Heaven‘) und diversen an die Mittneunziger-Phase erinnernden, eher groovebasierten und poppigen Songs wie ‚Heartbroken‘ decken die beiden Scheiben alles ab, was Doro im Laufe ihrer Karriere ausprobiert hat. Für noch mehr Abwechslung sorgen Gäste wie Johan Hegg, Doug Aldrich und Helge Schneider (!). Von persönlichen Geschmacksfragen und dem öden, von endlosen Wiederholungen geplagten ‚Black Ballad‘ abgesehen fällt eigentlich auch kein Song komplett durchs Qualitätsraster, und Doros Zielgruppe sollte mit dem Dargebotenen ziemlich happy sein.
Alles top also? Leider nicht ganz. Einerseits ist natürlich klar, dass das Doro-Publikum mittlerweile zu 80% eben nicht aus Metalheads besteht, sondern aus dem Ü50-Mainstream-Publikum, das man auch beispielsweise bei AC/DC, Bon Jovi, Peter Maffay oder auch Helene Fischer treffen könnte. Eben die „ich mag ja keinen Hardrock, aber das gefällt mir“-Klientel. Dass man denen keine bodenständige True-Metal-Arschtritt-Scheibe im frühen Warlock-Stil zumuten will, ist kommerziell gesehen natürlich vollkommen nachvollziehbar – und wird ja auch gar nicht erwartet. Eine derart zahnlose, klinische Tralala-Produktion wie auf „Forever Warriors/Forever United“ muss aber auch nicht gleich sein. Diesmal hat der ehemalige Sisters Of Mercy-Gitarrist Andreas Bruhn, der ansonsten fast ausschließlich im Dance-Bereich aktiv ist, nicht nur fast alle Songs mitgeschrieben und produziert, sondern auch 80% der Instrumente selbst „eingespielt“. Das führt leider zu einem höchst kraftlosen Sound mit über weite Strecken höchst billig klingenden Computerdrums – selbst WENN Johnny Dee einmal selbst trommelt, wird gleich alles auf sterilen Bloß-keine-Kanten-Sound getrimmt. Auch die Gitarren wurden größtenteils ziemlich in den Hintergrund gemixt, um möglichst niemandem wehzutun. Wenn man aber beispielsweise einen Song ‚All For Metal‘ betitelt und mit Mille, Chuck Billy und jeder Menge weiterer Metalprominenz im Background singen lässt, sollte man den Anstand haben, dem Ding auch eine ordentlich bratende Gitarrenspur zu verpassen.
Auf Doro einzuprügeln macht, ganz direkt gesagt, keinen Spass. Denn, egal was man von ihrer Musik halten mag, bislang musste ihr selbst der größte Kritiker zugestehen, ihren Stiefel recht kompromisslos durchzuziehen. Umso trauriger, dass „Forever Warriors/Forever United“ ein zahnloses, schlagerhaft produziertes Anbiederungsalbum geworden ist, das all denen, die Doro in den letzten Jahren gerne mal als die Helene Fischer des Metals abgekanzelt haben, leider absolut Recht gibt. Die Zielgruppe darf mir nun gerne Morddrohungen schicken – ich bleibe dann lieber bei Alben wie dem Vorgänger „Fight“, in denen wenigstens ein Mindestmaß an Rock’n’Roll- respektive Metal-Energie steckte.