EXAT – Jetzt erst recht!
Niemand artikuliert die Worte „Hass in Blau“ mit so viel Abscheu wie Clemens, Sänger und Gitarrist von Exat, im Song „Laut gegen Nazis“. Aber darüber wurde hier schon geschrieben: EXAT – Fußball-bekloppter Kamikaze-Punkrock mit klarer Kante gegen Rechts. Konzentrieren wir uns also auf das, was neu ist, und das ist eine ganze Menge, wie das neue Album „Jetzt erst recht!“ (Rock Zone Records) klar macht: eine großzügige halbe Stunde feinster, abwechslungsreicher Punkrock, der bei aller Abwechslung seine eigene Identität bewahrt. Ermöglicht wurde dies erneut durch eine Crowdfunding-Kampagne. Knapp 7.000,00 Euro kamen zusammen, von denen 10% davon gespendet wurden, dieses Mal an Sea Shepherd Germany.
Musikalisch bedient sich die sehr tighte Exat-Kamikaze-Punkrock-Walze stilsicher im Metal. Eine Prise Ska ist auch mal dabei. Textlich beginnt das Werk mit einer Hommage an sich selbst, was nach 20 Jahren Lärm auch schon mal sein darf. Hip Hopper machen das schließlich auch, meist gleich im ersten Song, den sie schreiben.
Wird dieser Einstieg ein bisschen ausgeklammert, wirken die textlich starken Songs „Laut gegen Nazis“ auf Startposition 2 zusammen mit „Alles was sie wollen ist Angst“ auf dem 10. und damit letzten Platz wie eine Klammer. Eine Klammer, die sagt: Mit uns keine Nazis, keine Manipulation, kein Krieg. Das ist unsere Botschaft. Zu diesen wichtigen Themen gibt es sämtlich Blaupausen, was auch gut so ist.
Die eigentliche Bewährungsprobe besteht also eher darin, deutsche Texte über den Alltag so zu schreiben, dass sie nicht cheesy wirken. Genau das gelingt Exat. Texte über gravierende Fehlentscheidungen im Leben, die den Protagonisten eher traurig und allein am Tresen zurücklassen – sehr gut nachvollziehbar – über die letztlich unerwiderte Liebe – gut nachvollziehbar – bis zum Zusammengehörigkeitsgefühl unter Punkern eben.
Insgesamt macht eben die Mischung aus einer guten Produktion, guten Musikern – hört mal, wie Thomas vor allem im Song „Alles was sie wollen ist Angst“ in den Kesseln rührt oder Matze „Tot oder Nicht“ gestaltet und Clemens die Bratgitarre bedient und seine Reibeisenstimme darüber legt, dem punktgenauem Zusammenspiel resultierend aus der jahrelangen Live- und Probeerfahrung an. No Plastic! – und guten Punkrock-Songs das Gesamtergebnis aus. Es stimmt nicht alles zu 100%, aber es ist verdammt gut, weil es eingängig nicht schnell verbraucht ist und damit verdammt viel Spaß macht.
Für wen ist „Jetzt erst recht!“ die richtige Mucke: Punker, Hosen-Liebhaber (auch hier gibt’s ooohohohoooo), Metaller, die mal über den Tellerrand schauen wollen und viele andere. Für wen es auch ist: die Kollegen der blauen Fraktion. Hört es euch an, wir bleiben LAUT.
Note: 2 und Spaß dabei
Text: Georg