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Drunk Tank Pink

Junge, rastlose Leute haben es gerade nicht leicht. Und junge, rastlose Musiker schon gar nicht. Im Falle von Shame stellt sich die erzwungene Konzertier-Pause irgendwie aber auch als Segen dar. Die hohe Taktzahl an absolvierten Gigs im Zuge ihres Debütalbums „Songs Of Praise“ war mit Sicherheit nicht gesund. Frontmann Charlie Sheen jedenfalls zog sich im Lockdown in sein Minizimmer zurück und musste sich erstmal mit sich selbst beschäftigen. „You become very aware of yourself and when all of the music stops, you’re left with the silence”, resümiert der Sänger und Texter.

Interessant, dass er als Stille interpretiert, was da eingesetzt hat, als die Musik aus war. In seinem Fall könnte man eher ein heftiges Nachrauschen, wenn nicht gar einen Tinitus erwarten. Der setzt zumindest ein, wenn man sich „Drunk Tank Pink“ (Dead Oceans) in einer anständigen Lautstärke gibt. Wenn es das ist, was die Corona-Krise aus Musikern im Hausarrest herauskitzelt, dann bitte schön, sehr gerne. Auf ihrem zweiten Album geben sich Shame sehr erregt bis jähzornig post-punkigen Ausbrüchen hin. Der Song „6/1“ ist da nur ein Beispiel von vielen: „I pray to no God, I am God. I am every thought your mind has ever had. (…) I hate myself and I love myself“, heißt es da, während Gitarren und Crash-Becken sich gegenseitig in den Exzess treiben, der die einzige Konsequenz aus dieser Schizophrenie sein kann.

„Drunk Tank Pink“ hat oft einen nervösen Beat und Sheen zumeist einen gereizten und unversöhnlichen Ton am Leib. Aber es gibt auch sanftere Momente à la „Human, For A Minute“ und seinem Geständnis „I never felt human before you arrived.“ Und richtiggehend traurig wird es mit „Born In Luton“: „When are you coming back, when are you coming home?“ Die Frage klingt so hoffnungslos, wie sich das aktuelle Lebensgefühl so Vieler, nicht nur der Altersgenossen der fünf jungen Londoner anfühlen dürfte. Mit dem pompösen Liedende breiten Shame dann doch kurz mal die Arme aus für Alle, die gerade sehr deprimiert sind.

Die Band mischt auf „Drunk Tank Pink“ das, was sehr weitläufig als Brit-Rock bezeichnet werden kann, ohne Angst mit noisigen oder auch modernen jazzigen Elementen – ähnlich wie es Black Country, New Road tun. Wenn wir außerdem noch die offensichtlichen Parallelen zu Fontaines D.C. und Black Midi benennen, wird deutlich, dass auf den Inseln gerade eine ganze Generation junger Bands aktiv und erfolgreich ist, für die Musik tatsächlich ein Ventil und womöglich der einzige Ausweg aus einer großen Misere ist. Sie meinen es ernst. Und es gibt massenhaft Leute, die das sehr gut verstehen können.

 

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Cargo Records

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