Brot und Spiele

18 Jahre Bandgeschichte liegen mit der Veröffentlichung des neuen Studioalbums „Brot und Spiele“ hinter den Spielleuten: Saltatio Mortis werden volljährig, da darf man sich schon mal etwas verändern. Wie schon auf dem Vorläufer „Zirkus Zeitgeist“ setzt die Mittelalter-Rock-Band auf dem elften regulären Studioalbum ihre bisherige musikalische Entwicklung fort und äußert sich wieder kritisch und auch sehr direkt zu aktuellen Themen. Nichts anderes hat man erwartet, und der musikalische Trend war ebenfalls schon in den letzten Jahren zu beobachten: Immer weiter weg vom „Mittelalter“ und hin zum stadiontauglichen Rock mit durchsickernden Punk-Attitüden, diesmal noch eine Spur deutlicher als bei der letzten Zirkus-Show.

Ja, es gibt natürlich immer noch Dudelsäcke im druckvoll-dynamischen Mix, und hin und wieder dringen auch Drehleier, Flöte oder Schalmei durch die dicken Gitarrenwände, aber im Grunde legt die Band hier ein punkiges Deutschrock-Album vor, das ein wenig so klingt, als hätten Bands wie die Toten Hosen oder Betontod ein paar bunt gekleidete Spielleute vom Burghof mit auf die Bühne geholt. Das ist im Grunde eine spannende Entwicklung. Ob sie einem gefällt, muss jeder selbst beim Hören entscheiden. „Brot und Spiele“ ist ein sehr modernes, aktuelles Album geworden, das gut nach vorne geht, aber eben auch nicht mehr viel mit den Wurzeln der Band zu tun hat und mehr noch als „Zirkus Zeitgeist“ in neue Rockgefilde schwimmt. Produziert wurde die Scheibe vom Hosen-Producer Vincent Sorg, und dessen typischer Sound ist zu jeder Zeit präsent.

Zu hören gibt es neben den erwähnten dicken Gitarrenbrettern und den Saltatio-typischen hymnischen Chören immer wieder auch „Ohohoho“ Background-Gesänge, die teils etwas übertrieben und zu repetitiv wirken. Textlich beschäftigten sich die Spielleute wieder mit aktuellen Themen wie Flüchtlinge, „besorgten Bürgern“, aber auch Trinklieder wie ‚Nie wieder Alkohol‘ oder mythische Geschichten wie ‚Brunhild‘ sind mit dabei. Die anklagenden, aufstachelnden und / oder politischen Texte sind wie immer gelungen, an anderen Stellen fragt man sich aber, ob solche Momente wie ‚bam – bam – bambambam – bam‘ wirklich ernst gemeint sind. Das klingt mehr nach Schlager als nach Rock und steht auch im Gegensatz zu den sonst doch eher intelligenten Texten. Sei’s drum, man muss ja auch mal albern sein dürfen. Gestelzt hört es sich trotzdem an.

Damit kommt die neue Scheibe nicht an den hervorragenden Vorgänger „Zirkus Zeitgeist“ heran, der Spagat zwischen intelligenten Texten, mitgröhl-tauglichen Hymnen, modernem (Deutsch)Rock und mittelalterlichen Instrumenten klappt hier nur bedingt. Wer ein straightes Rockalbum haben möchte, ist hier aber gut aufgehoben. Spannender als „Brot und Spiele“ ist tatsächlich die Bonus-CD „Panem et circenses: Ad fontes“ als Teil der aktuellen Deluxe-Edition des Albums. Hier geht es deutlich „mittelalterlicher“ zu als auf dem Haupt-Album. Akustische Gitarren, Dudelsäcke, Flöten, dazu spannendes Songwriting und tolle Nummern wie ‚Heimdall‘, das englischsprachige ‚Epitaph To A Friend‘ oder der instrumentale ‚Drachentanz‘. Vermutlich ist es aber gerade die Mischung aus beiden Tonträgern, die das Album abwechslungsreich und damit doch sehr unterhaltsam macht.

Neue Wege (auf der ersten CD) für Saltatio Mortis, die nicht allen gefallen dürften, aber ganz objektiv ist „Brot und Spiele“ ein gutes Album mit ein paar Schönheitsfehlern geworden. Treibender Deutschrock mit überwiegend intelligenten Texten, der aber hin und wieder ins Platte abrutscht und vielleicht ein wenig zu massenkompatibel herüberkommt. Die Bonus-CD entschädigt aber dann die Mittelalter-Fans mit einer spannenden Rückbesinnung auf alte Zeiten. Vielleicht besinnen sich auch die Spielleute auf ihrem nächsten Album in zwei oder drei Jahren wieder zurück zu ihren Wurzeln. Was auch immer geschehen wird, die Reise bleibt spannend.

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