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Blue Lightning

Es gibt potentiellen Nachwuchs auf dem Schredder-Olymp der Gitarren-Helden. Malmsteen, Vai und Petrucci werden nicht jünger, Moore, Roads und Darrell viel zu früh von uns gegangen. Der junge Deutsch-Grieche Evan hat mit seinen 21 Jahren jede Menge Talent und Zielstrebigkeit auf seinem Debütalbum zu bieten. Aktuell studiert der ambitionierte Metalhead in Mannheim Gitarre an der Popakademie, „nebenbei“ bringt er erstes Album auf den Markt. Das grösstenteils instrumentale Progressive-Powermetal-Album mit dem Titel „Blue Lightning“ ist ein feuchter Traum für Anhänger gitarrenlastigen, melodischen Metals, denen die Finger nicht schnell genug über den Gitarrenhals fliegen können.

Ein kleines akustisches Intro – dann startet Evan mit dem in Punkto Songstruktur recht simplen ‚Into The Light“ voll durch. ‚Skies Of Shred‘ eröffnet mit thrashigen Drums, über dem Song schwebt ein düster-melancholischer Vibe. Das Lied wirkt fast als wären die Saiten der Gitarre der Antrieb, um einer Bedrohung zu entfliehen. ‚Picking The Stars‘ wirkt wieder heller und freundlicher und lockert die Hypergeschwindigkeitsreise erneut mit einigen rhythmischen Abwechslungen auf. Der zentrale, vielseitigste und schlicht auch beste Song ist das achtminütige ‚Orchest‘, in dem Evan sein Potential als Songwriter über Fingerakrobatik hinaus unter Beweis stellt. Der Titel besteht aus mehreren Akten mit unterschiedlichem Tempo und Stimmung, die interessant ineinander übergehen und sehr gefühlvoll eine melodische Geschichte erzählen. Das Eröffnungssolo erinnert an die klagenden Soli von Gary Moore mit Tonnen von Schwermut. Der Titelsong schliesslich bietet zur Abwechslung auch mal etwas Riffs und nicht nur Leads. Welche Wirkung die Kompositionen von Evan mit Gesang entfalten, zeigen die beiden Songs mit Fabio Leone. Der lockenköpfige Italiener, als Sänger von Bands Angra, Rhapsody of Fire und Vision Divine bekannt, ist der richtige Mann für die Vocals zu dieser Musik und zelebriert die passende Theatralik sowohl bei der Ballade ‚One Last Time‘ als auch bei der Vollgas-Nummer ‚Edge Of The Sky‘. Den Abschluss des Albums bildet eine Coverversion von ‚Everything’s Coming Up Roses‘ vom Anfang des Jahres verstorbenen Engländers Colin Vearnecombe alias Black.

„Blue Lightning“ zeigt einen jungen Künstler, der mit Talent und Ambition seinen offensichtlichen Vorbildern nacheifert. Der unbedingte Wunsch, seinen eigenen Stil zu entwickeln, ist bereits spürbar und zeigt sich vor allem bei der grossartigen Komposition ‚Orchest‘. Metalfreunde mit einem Faible für Flinkefinger-Powermetal von Bands wie Dragonforce, Symphony X, Vindictiv oder der erwähnten Bands von Gastsänger Fabio Leone dürften Evan mit offenen Armen als das begrüssen, was er eindeutig ist: Ein vielversprechendes Nachwuchstalent, das uns wohl noch viel Freude machen wird.

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