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Atoma

Im Gegensatz zur sonstigen Vorgehensweise auf whiskey-soda.de habe ich mich entschieden, die Rezension zur neuen Scheibe von Dark Tranquillity in der Ich-Form zu verfassen. Das soll unterstreichen, dass es sich hierbei wirklich um eine persönliche Meinung handelt. Ich erinnere mich an die ersten Tage, als Dark Tranquillity und In Flames das Laufen lernten und vor 12 Zuschauern im Jugendclub aufgespielt haben. Die Tage sind lange vorbei, In Flames sind zu einem ziemlichen Haufen Müll verkommen. Lediglich Dark Tranquillity tragen einsam und allein an der Spitze das Banner des melodischen Death Metal umher.

Jedes einzelne Album war ein Meisterwerk in wirklich jeder Hinsicht, musikalisch, textlich, produktionstechnisch. Es gab leichtere Fluktuationen in der Intensität, mal etwas düsterer, mal sehr viel härter. Ich habe mich immer extrem gefreut, wenn ein neues Dark Tranquillity – Album angekündigt wurde, so auch diesmal. Wenn man dann die überschwänglichen Huldigungen in 99% aller anderen Magazine liest erwartet man natürlich den Knaller schlechthin.

Und was passiert? Man versteht die Menschheit nicht mehr. Man zweifelt ob einer solch gigantischen Welle an positiven Lobes an sich selbst, hört das Album noch einmal und noch einmal. Und noch einmal. Macht etwas Pause. Nochmal. Auf Kopfhörer. Über Boxen auf Anschlag. Und selbst nach dem x-ten Mal Hören versteht man nichts mehr. Mag „Atoma2 songwriterisch wie immer gut sein – herausragend ist es nicht. Das abschließende „The Absolute“ ist so ziemlich der ödeste Mist, den die Band je verzapft hat – und Dark Tranquillity haben schon sehr gute, langsame Abschlußsongs am Start gehabt („The Mundane And the Magic“), aber hier scheint man verzweifelt einen auf alcestigem Postrock machen zu wollen. Der Titeltrack erinnert auch sehr viel mehr an „Projector“ und verströmt genau dieselbe gepflegte Langeweile. „Time Out Of Place“ schlußendlich ist in meinen Augen ein schlechter Witz. Ich meine….what the fuck? Ich sorge mich darum, dass Dark Tranquillity jetzt plötzlich auch versuchen mit dieser läppischen „Behind Blue Eyes“ – Kopie einen auf In Flames-Strickmützenrock zu machen.

Natürlich gibt es mit Songs wie „Encircled“ auch schönes Gedresche, aber wo die Band sich mit Neuerungen wie dem eben genannten Kitsch-Müll verändern will wird es unerträglich, beim Gedresche hingegen klingt alles wie aus der Konserve, irgendwie wiedergekäut. Ja, „The Pitiless“ (eine zusammengestückelte Version der ersten drei Songs von „Damage Done“), „Encircled“, „When The World Screams“ alles sehr nett.

Aber selbst diese guten, stellenweise exzellenten Songs werden durch die unerträglich schlechte Produktion kaputtgemacht. Mir sind diese Lobhudeleien der anderen Rezensenten ein komplettes Rätsel. Sind meine Ohren kaputt? Diese Produktion ist so schlecht, so schwammig, so lasch, so öde. Wenn man dagegen den Sound der letzten Alben, besonders dem von „We Are The Void“ oder „Fiction“ lauscht ist das hier Altherrengeschrammel aus dem Mustopf – und das liegt weniger an den immer noch vorhandenen songwriterischen Fähigkeiten der Band sondern an einem offensichtlich völlig indisponierten Produzenten. Solch weichgespülten, unmetallischen Sounds mögen zu Katatonia und Opeth passen, Dark Tranquillity sind dann am besten wenn sie z.B. mit Tue Madsen aus allen Rohren feuern.

Ja es kann sein, dass ich von Dark Tranquillity als mit Abstand beste Band des Genres nichts anderes als Perfektion erwarte, die die Band ja auch oft genug schon abgeliefert hat. Das soll mitnichten ein Abgesang auf den Stil der Band sein, auf keinen Fall. Es soll eigentlich nur die Verwunderung darüber ausdrücken wie sehr das Album in den Himmel gelobt wird, obwohl es soundtechnisch und auch songwriterisch einen glasklaren Rückschritt darstellt.

Neuerungen sind gut, wenn sie stilistisch passen und man sie auf demselben Niveau wie das Althergebrachte beherrscht. Leider beweist „Atoma“ dass es das erste Mal ist, das Dark Tranquillity eben genau das nicht tun. Verdammt schade,das. Immnerhin kann man sich daran erfreuen, dass selbst die unterdurchschnittlich gute Musik auf „Atoma“ immer noch um Längen besser ist als das neue Album von In Flames….

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