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Saturday Moon

Das Video zum Song „Saturday Moon“ ist zwei lebenserfahrenen Frauen gewidmet, die – wie es im Abspann heißt – Chantal Acda durch ihre anmutige Art beeinflusst haben. Deren Würdigung ist visuell auf eine Art und Weise umgesetzt, die auch musikalisch das gesamte neue Album der Belgierin prägt: Spartanisch arrangiert und auf das Wichtigste reduziert, kommt eine starke weibliche Persönlichkeit zum Tragen.

Das passiert aber nicht extrovertiert, sondern fast wie durch die Hintertür. Mit ihrer sanften, aber bestimmten Art gewinnt Chantal Acda schnell das Vertrauen der Hörenden. Choreografisch perfekt platziert, wirkt der Opener hymnisch und schafft eine einlullende Stimmung. Die meisten Songs von „Saturday Moon“ (Glitterhouse Records) sind voll schöner Melodien. Gleichzeitig haben sie aber auch einen beunruhigenden Unterton. Acda erzählt starke Geschichten, die nicht immer gut ausgehen und oft von einer gewissen Besorgnis geprägt sind. Das kann dann schon mal in ein fast verzweifeltes Lamento von nur zwei Zeilen münden: „I can’t stay here, he said. He couldn’t recall the conversation anymore.“

Die folkig-jazzigen Arrangements auf „Saturday Moon“ sind von hervorragender Qualität. Das Album ist mit Hilfe von 18 Musiker*innen entstanden, unter anderem mit Mitgliedern der Band Low. Trotzdem folgt es Acbas Motto „weniger ist mehr“, das sie besonders dem Stück „Disappeare“ zuschreibt. Dessen Text hätte sie mit zwei gegensätzlichen Gefühlen geschrieben, fährt die Musikerin fort: auf der einen Seite Unglaube und Protest, auf der anderen Seite Hoffnung und Freude. Das gesamte Album vermittelt eine Ahnung davon, dass Acba genauso ihr Leben meistert.

Vor allem aber ist sie tief romantisch. „The Letter“ etwa erzählt die Geschichte zweier Liebenden, die Jahre lang auf sich warten – und das vergeblich. Das Bild dieser Beziehung wirkt wie aus einem anderen Jahrhundert und enthüllt eine eher konservative Sicht auf die Liebe, die von Treue, Zurückhaltung und viel Unausgesprochenem begleitet wird. Hinzu kommen spirituelle und naturreligiöse Motive, so wie in „Back Against The Wall“: „Another year has passed, still looking at the tree, and I think that it is looking back at me. This is what we forgot, touch the wooden skin, feel the warmth within.“ Der archaische Rückgriff auf „the ground th we held dear“ lässt Einen, eine gewisse historische Sensibilität vorausgesetzt, dann fast schon innerlich erstarren.

So berechtigt Acbas Sorge über den Zustand der Welt ist – ihre Fluchtszenarien müssen nicht für alle Hörer*innen als Lösungsansätze oder gar Lebensphilosophie taugen. „Saturday Moon“ bietet durchaus ein intensives Hörerlebnis, das die reale Welt außen vorlässt und hilft, sich auf sein Inneres zu konzentrieren. Ein solcher Rückzug kann für den Augenblick heilsam sein. Man scheint aber gut beraten zu sein, sich nicht ganz darin zu verlieren.


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