Alice Cooper – Rock-Legende auf Besuch in der Schweiz
„Das Publikum rekrutierte sich fast ausschließlich aus Fans jenseits der 40 – kein Wunder bei einer Karriere, die beinahe 50 Jahre dauert und in Ticketpreisen von 85 Schweizer Franken resultierte. Doch das sollte dem Abend im Zeichen des Rock-n-Roll keinen Abbruch tun – im Gegenteil. Dennoch war das Z7 in Pratteln an diesem Abend ausverkauft. Von Klassikern bis zu kleineren Überraschungen war während rund 100 Minuten alles geboten, was einen gelungenen Konzertabend ausmacht. Wenn man vom unsäglich schlechten Opener des Abends einmal absieht. Irgendwer war offenbar der Meinung, es sei eine gute Idee, den unlustigen Comedian Konrad Stöckel aus Hamburg für einen der größten lebenden Rockstars die Stimmung anheizen zu lassen. Schlechte Idee, schlechte Ausführung. Nachricht an den Booker: Niemand will bei einem Classic-Rock-Abend so etwas sehen!
„Um 21.20 Uhr fiel dann endlich in einem Funkenregen der Vorhang zur Attraktion des Abends und schnell war der Wuschelkopf mit seinen platten Zoten vergessen. Der Abend sollte sehr stark im Zeichen der frühen Phase von Cooper stehen, als Alice Cooper noch der Bandname war. Nach dem Opener ‚Black Widow‘ folgte der psychedelische Hippie-Rocker ‚Public Enemy #9‘, gefolgt von den Singalongs ‚No More Mr. Nice Guy‘, ‚Under My Wheels‘ und dem ebenfalls obligatorischen ‚Billion Dollar Babies‘. Selbstverständlich mit Alice-Dollarnoten direkt von des Meisters Degen ins Publikum geschleudert. Der Hit ‚Poison‘ erfolgte überraschenderweise bereits im ersten Drittel des Abends, unmittelbar nach ‚Woman of Mass Distraction‘, einem ebenfalls jüngeren Song.
„Nach ‚Halo of Flies‘, sprichwörtlich dirigiert vom Meister der Bühne und inklusive immer wieder beeindruckendem Schlagzeugsolo von Drumstick-Artist Glen Sobel, sollte die Gruselshow beginnen. Bei ‚Feed My Frankenstein‘ verwandelt sich Alice auf einer unter Strom gesetzten Apparatur in einen 3-Meter-Frankenstein, der mit fliegendem Haar über die Bühne rennt. Nach der Ballade ‚Only Women Bleed‘ schließlich wird der Sänger von den bösen Schergen der irren Krankenschwester zuerst in die Zwangsjacke gebunden (in der er ‚The Ballad of Dwight Fry‘ zum Besten gibt) und nach seiner kurzfristigen Befreiung auf die Guillotine geschnallt und geköpft. ‚I Love The Dead‘ leitet dann zur Überraschung des Abends über: Alice und seine Band gedenkt seinen auf riesigen Bannern auf der Bühne geehrten, verstorbenen Kollegen Keith Moon, Jimi Hendrix, David Bowie und Lemmy Kilmister mit den Cover-Songs ‚Pinball Wizard‘, ‚Fire‘, ‚Sufragette City‘ und ‚Ace of Spades‘, letzteres mit beeindruckender Reibeisenstimme gesungen von Bassist Chuck Garric. Ein echter Rock-n-Roller!
„Zum Abschluss des Abends folgen die unausweichlichen, vom Publikum lautstart gefeierten Klassiker „I’m Eighteen‘ und ‚School’s Out‘ (inklusive einem Pink-Floyd-Snippet von „The Wall“), zu dem Alice riesige Ballons mit Konfetti mit seinem Samuraischwert zum Platzen bringt. Nach einer kurzen Vorstellung seiner Band unter Applaus ist der Abend viel zu früh zu Ende, allerdings folgt noch ein böser Querhieb in Richtung US-Präsidentschaftswahlen. Während Alice in Sternenbanner-Frack und Zylinder ‚Elected‘ zelebriert, posieren zwei Komparsen mit Clinton- bzw. Trump-Masken und machen unmissverständlich klar: Mit Alice als „Präsident“ des Rock-n-Roll an der Macht ginge es uns allen wohl besser!
Setliste (Pratteln, Z7, 09.06.2016):
The Black Widow
Public Animal #9
No More Mr. Nice Guy
Under My Wheels
Billion Dollar Babies
Long Way to Go
Woman of Mass Distraction
Poison
Halo of Flies
Feed My Frankenstein
Cold Ethyl
Only Women Bleed
Guilty
Ballad of Dwight Fry
Killer
I Love the Dead
Under the Bed
Pinball Wizard (The Who cover)
Fire (The Jimi Hendrix Experience cover)
Suffragette City (David Bowie cover)
The Ace of Spades (Motörhead cover)
I’m Eighteen
School’s Out / Another Brick in the Wall Part 2
Zugabe:
Elected
(Alle Fotos mit freundlicher Unterstützung von Daniel Strub)