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Live At Pompeii

Mit den Worten „Live At Pompeii“ verbindet man als Rockfan ja ganz spezifische Assoziationen. Der gleichnamige Film von Pink Floyd hielt doch die Band in ihrer vermutlichen Bestphase in Bild und Ton fest: nach der Fertigstellung von „Meddle“, kurz vor „Obscured By Clouds“ und „Dark Side Of The Moon“ und zum letzten Mal ohne Backgroundsängerinnen, Saxophonisten oder Ähnliches. Als Pink Floyd-Gitarrist David Gilmour mit seiner Soloband 2016 ins Amphitheater von Pompeii zurückkehrte, lag nahe, die Show mitzuschneiden und somit den Bogen zur legendären Performance 45 (!) Jahre zuvor zu spannen.

Nun, es hat sich Einiges geändert. Zuvorderst hat David Gilmour sein „Live At Pompeii“ nämlich vor Live-Publikum eingespielt, als ganz konventionelles Konzert. Und auch die Setlist enthält mit ‚One Of These Days‘ nur einen Rückgriff auf das Pink Floyd-Set von 1971. Auch wenn natürlich der Geist des kollektiven Genies von Gilmour, Barrett, Wright, Waters und Mason auch beim Solo-David immer über der Sache schwebt – dank der ikonischen, kreisrunden Leinwand, die seit 1974 bei fast allen Floyd-Shows in irgendeiner Form zum Einsatz kam, ganz buchstäblich. Aber auch durch Klassiker wie ‚Shine On You Crazy Diamond‘ (in der beseeltesten Version seit langem), ‚Time‘ oder das immer wieder unfassbare ‚Comfortably Numb‘ wird man als Floyd-Fan gerne nostalgisch. Bei letzterem gibt übrigens Rolling Stones-Keyboarder Chuck Leavell eine absolut überzeugende Roger Waters-Performance ab – abgesehen davon, daß er natürlich auch – vornehmlich – als Organist eine exzellente Figur macht, während Ex-Toto-Mann Gregg Philinganes hauptsächlich die Pianoparts übernimmt.

Doch auch das Solomaterial kann sich, vor allem im Vergleich zu den eher braven Studioversionen sehen lassen. Wo der Titelsong von „Rattle That Lock“ im Studio noch wie ein statischer 08/15-Mainstream-Rocksong geklungen hatte, kommt die Sache live tatsächlich spätestens bei Davids beherztem Gitarrensolo ins Rollen. ‚In Any Tongue‘ ist wie schon auf dem Album auch live ein Höhepunkt Die ersten beiden Gilmour-Soloalben bleiben einmal mehr komplett außen vor – eigentlich schade, denn nicht nur der Rezensent hätte sich mit Sicherheit über eine Performance von ‚There’s No Way Out Of Here‘ oder ‚Mihalis‘ gefreut. Aber echte Überraschungen bleiben hier aus: selbst das von Pink Floyd – mit Ausnahme einer einzelnen Performance anläßlich Manager Steve O’Rourkes Begräbnis – letztmalig anno 1971 gespielte ‚Fat Old Sun‘ war bekanntlich auf Gilmours letzter Solo-Tour bereits fester Bestandteil der Setlist. Eine Handvoll Sachen aus der Gilmour-geführten Spätphase wie ‚High Hopes‘ und das großartige ‚Sorrow‘ runden den Hitreigen dennoch perfekt ab – wenn auch einmal mehr das vermutlich beste Stück dieser Floyd-Ära, nämlich ‚On The Turning Away‘, fehlt. Dafür hatte sich David das ziemlich nervtötende Chor-Arrangement von ‚The Great Gig In The Sky‘ besser erspart – Unterhaltungswert hat da nur der Gesichtsausdruck der rechts stehenden Sängerin, die von Todesangst zu religiöser Verzückung alles durchzumachen scheint. Viel schöner und ein passenderes Rick Wright-Tribut das nachfolgende ‚A Boat Lies Waiting‘, das ebenfalls deutlich emotionaler als die „Rattle That Lock“-Version klingt.

Sound- und Vision-technisch ist… Moment, muß ich das überhaupt schreiben? Erwartet jemand ernsthaft, daß eine Gilmour-DVD in dieser Hinsicht nicht perfekt ausgefallen sein könnte? Eben. Also, David Gilmour– und Pink Floyd-Fans, solltet Ihr gezweifelt haben: natürlich könnt Ihr hier bedenkenlos zugreifen. Als ob das je eine Frage gewesen wäre…

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