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The Infinite Desire Of Heinrich Zeppelin Alfred Von Nullmeyer

Nicht, dass sein Inspirationsquell versiegt wäre. Ganz im Gegenteil; es sprudelt nur so aus ihm heraus, was die zahlreichen musikalischen Auftragsarbeiten der letzten Jahre belegen. Doch Konstantin Gropper ist schlicht und ergreifend noch nicht bereit für ein neues Album. Was also tut er? Den Überwuchs unter die Leute bringen – etappenweise an drei aufeinanderfolgenden November-Wochenenden in Form von drei 10-Zoll-Vinyl-EPs, die er eigentlich immer schon machen wollte.

Allein der Titel hat epische Ausmaße: ‚Henry – The Infinite Desire Of Heinrich Zeppelin Alfred Von Nullmeyer‘. Hat man da noch Worte? Man hat. Konstantin Gropper gilt als Freund der verbalen Ehrenrunden und nährt auch mit der zweiten von dreien in diesem Monat veröffentlichten EPs diesen Ruf. Nicht ohne Hintergedanken: ‚Henry‘ ist als Hommage an Arnold Stadler zu verstehen, einen der Lieblingsautoren Groppers. Vor allem für seinen Roman ‚Der Tod und ich, wir zwei‘ schätzt er den Jubilaren (Stadler feierte in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag). Sehr romantisch, tiefschwarz, klug und doch unglaublich lustig sei die Schwarte – wegen der Lächerlichkeit des Daseins (‚einmal auf der Welt – und dann so‘, schreibt Stadler) -, und jedem Hörer ans Herz zu legen. Möglich, dass hiermit auch schon das Meiste über und zu ‚Henry‘ gesagt wäre. Nach der zumindest musikalisch offenherzigen ersten EP begehen Get Well Soon hier feierlich und unter Abwesenheit gefuzzter Gitarren den Wiedereinzug in die ihnen angestammte Traumwelt.

Dort ist es weich, warm und vor allem langsam. Was ganz gelegen kommt, den Rechtschreibfehler im Songtitel ‚Promenading Largo [sic!] Maggiore, You Wouldn’t Hold My Hand‘ zu rechtfertigen. Träge plumpsen die Akkorde herab; eine verwaschene Decke aus nicht näher ausmachbarer Instrumentierung senkt sich auf das Gehör und Gropper croont, als wolle er die Welt in ewigen Schlaf wiegen. Von Dingen, die jeder versteht, aber niemand durchblickt. Spätestens ‚Mail From Heidegger‘ zeigt: Gropper liest nicht aus einem Märchenbuch, er komponiert lieber selbst eins. Scheinbar bedeutungslose Alltagsaugenblicke geraten unter dem Songwriting des Popakademikers zu wundersamen Schlüsselszenen eines fortlaufenden, wenn auch teils äußerst schläfrigen Kunstfilms.

‚You Will Be Taken Care Of‘, verheißt das letzte Stück der EP. Perlende, glockenhelle Klavierläufe oben, bleischwere Akkordierung unten. Dazwischen muckelt sich der Hörer auf verwunschenen, orgeligen Zwischenspuren für den Winterschlaf ein. Ein eben gerade nicht weltbewegendes, dafür aber umso flauschigeres Mini-Album genau zur rechten Zeit, ein verschlafenes, eingeschneites Nest in Musik gegossen. Den ollen Stadler lesen wir dann später.

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