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Greatest Hits

Nicht, dass sein Inspirationsquell versiegt wäre. Ganz im Gegenteil; es sprudelt nur so aus ihm heraus, was die zahlreichen musikalischen Auftragsarbeiten der letzten Jahre belegen. Doch Konstantin Gropper ist schlicht und ergreifend noch nicht bereit für ein neues Album. Was also tut er? Den Überwuchs unter die Leute bringen – etappenweise an drei aufeinanderfolgenden November-Wochenenden in Form von drei 10-Zoll-Vinyl-EPs, die er eigentlich immer schon machen wollte.

Zum ‚Greatest Hits‘ getauften Ausklang der November-EP-Triole kompilieren Get Well Soon nicht etwa ureigene Vorzeigestücke, sondern präsentieren fremdes Materiel in Eigeninterpretation. Früher oder später musste ein solcher Toträger kommen, ruft man sich ins Gedächtnis, wie oft sich Konstantin Gropper und Band gerade live an große Nummern heranwagen. Elton Johns ‚Tiny Dancer‘ beispielsweise erfreute sich während der Tour zum letzten Album großer Beliebtheit – ist aber dann doch nicht auf dieser EP zu finden. Dafür aber ‚Rocket Man‘. Auch nicht schlecht. Beziehungsweise: auch supergut, vielleicht sogar noch besser. Akustikgitarren-Chords, reduzierte Klavierlicks, sanftmütige Streicher – fertig. Get Well Soon und Elton John – das passt. Auf dem Teller rotiert der pressfeste Beweis.

Nicht weniger souverän ist Konstantin Gropper die Aufarbeitung von George Michaels oft belächeltem Evergreen ‚Careless Whisper‘ von der Hand gegangen. Dem Hit, der Anfang der 80er Wham! ins Rollen brachte, fehlt in der Get Well Soon-Version das markante Saxofon-Thema und damit auch der überbordende Kitsch. Bahn frei für Anspruch: Dem Großteil seiner Schwere entledigt ist mit dem Get Well Soon-Arrangement ein Cover entstanden, das würdevoller kaum hätte ausfallen können. Im Abspann schwelgt Gropper genüsslich in einem Falsett, von dem man nach wie vor nicht weiß, ob man es nun anmutig oder putzig finden soll.

Soviel zu den beiden Speerspitzen der EP und ihren langen Schatten. ‚Always The Sun‘ von den Stranglers, der Beach Boys-Song “Til I Die‘ und Riz Ortolanis ‚Oh My Love‘ verwachsen neben den im Lichte der Ehrerweisung erstrahlenden Pop-Klassikern ungewollt zu einem Pulk überqualifizierter Nebendarsteller. Gropper selbst nennt sie liebevoll „Geheimhits“. Trotzdem: Bei Get Well Soon wird es sich nicht so schnell ausgecovert haben, denn Konstantin Gropper reüssiert leichten Ganges, wo viele andere Mitstreiter beim Umgang mit fremdem Material wie auf morschen Stelzen einbrechen. Und kann noch etwas dabei lernen, wie er bescheiden, aber ehrgeizig anführt. Sein Song(re)writing lüftet die altehrwürdigen Gemächer durch, ohne der Songseele dabei den Respekt zu unterschlagen. Unnützes Wissen zum Abschluss, das wir euch nicht unterschlagen wollen: Der durchschnittliche Get Well Soon-Coversong geht zurück auf ein Original aus dem Jahre 1977 und ist ziemlich genau vier Minuten lang.

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