Violence & Speed
Knapp anderthalb Jahre nach dem coolen Debütalbum „Where Evil Dwells“ hauen die Finnen Ranger nun schon ihr zweites Studioalbum raus. Wie beim Vorgänger regiert auch hier vollständig die Achtziger-Underground-Keule – alle Keep It True- und Headbangers Open Air-Gänger können also bereits vor der Hörprobe ihre Kohle rüberreichen.
Für den Rest hingegen werden Ranger wohl ein wenig zu derb agieren. Denn selbst im Vergleich zu, sagen wir mal, Ram, Enforcer und Portrait klingen Ranger nochmal ein gutes Stück unkommerzieller. Hier gibt’s nämlich genauso viel Thrash wie Heavy Metal, und die Produktion rumpelt ganz im Stile alte Gama- und Mausoleum-Scheibe. Inklusive nicht ganz sauber gestimmter Gitarre bei ‚Evil Barrier‘ und teils recht auffälligen Temposchwankungen. Diese Imperfektion könnte manchem auf den Keks gehen, passt aber tatsächlich hervorragend zu der Mucke, die sowieso vollkommen ohne progressive Elemente, Abwechslung oder gar groovige Passagen auskommt. Dafür punktet jeder (!) Song mit Mitgröhl-Refrains, schönen zweistimmigen Leads und herrlich albernen Horror-Texten. Im Vergleich zum Debüt hat die Band die Kritik am Gesang von Dimi Pontiac zu Herzen genommen, denn der Gute agiert nun eher in den mittleren Lagen, die er weit besser beherrscht als das nicht immer treffsichere Agent Steel– bis Living Death-mäßige Geschrei des Vorgängers. Die hohen Screams werden fast nur noch als Effekt oder Zweitstimme eingesetzt, dafür erinnert der Gesang nun teilweise an den jungen Gerre von Tankard. Auch die Soli sind roh, schnell, lärmig und unkontrolliert und machen wie der Rest der Mucke einfach nur jede Menge Spaß. Soviel Spaß, daß manch alter Sack (lies: der Schreiber dieser Zeilen) sich wehmütig daran erinnert, warum er ursprünglich überhaupt mal Metal-Fan geworden war.
Die Welt werden Ranger mit „Speed & Violence“ definitiv nicht verändern. Wer aber von modernem Synthie- und Digitalmetal genervt ist oder einfach nur eine gute Dosis rohen, partytauglichen Heavy Metal im ursprünglichen Sinne des Genres braucht, der 1985 auch nicht anders geklungen hätte, kann und sollte hier definitiv zuschlagen. Und mit ‚Satanic Panic‘ haben Ranger auch noch einen heißen Anwärter auf den Songtitel des Jahres.