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Blue & Lonesome

Die Rolling Stones stehen musikalisch schon immer auf festem Blues-Boden. Umso verwunderlicher, daß „Blue And Lonesome“ nun ihr erstes „echtes“ Bluesalbum geworden ist. Zu diesem Zweck haben sie erst gar keine eigenen neuen Songs geschrieben, sondern zwölf mehr oder minder bekannte Genreklassiker eingejammt.

Richtig, eingejammt. Heißt, wer Joe Bonamassa für einen echten Blueser hält, braucht hier gar nicht erst reinzuhören. Denn statt braven Beamtenpoprock im Zwölftaktschema gibt’s hier deftig auf die Fresse. This is why it was called the devil’s music. Schon im Opener ‚Just Your Fool‘ röhrt Jagger wie vom Leibhaftigen besessen, daß sogar Tom Waits und Howling Wolf respektvoll den Hut ziehen. Charlie Watts swingt dazu gewohnt lasziv und „Keef“ und Ron Wood poltern rüde durch die Walachei und spielen sich mit schiefem Grinsen die Bälle zu. Und, weil’s nicht reicht, darf Mick nochmal beweisen, was für ein begnadeter Harmonika-Spieler er ist. Nee, sauber ist das nicht, HiFi erst recht nicht, und modischen Style hat das überhaupt keinen – aber das gilt für die alten Memphis Slim-, Magic Sam- und Buddy Guy-Aufnahmen, die hier Pate standen, ganz genauso. Die Stones halten sich dabei durchaus an den Spirit der Originale, legen aber ihren etablierten, aggressiv-öligen Rumpel-Garagensound mit in die Waagschale und kommen dabei mit einem unwiderstehlich pöbelnden, intensiven und brünftigen Gemisch aus 1956 und 2016 vorbei, der allen Pseudo-Bluesern mit ihren Zehntausend-Euro-HiFi-Anlagen die Schamesröte ins Gesicht treiben dürfte. Selbst Eric Clapton, der zwei Gastauftritte absolviert, erinnert sich da plötzlich daran, daß er früher mal bei den Bluesbreakers war und richtig geil spielen konnte. Was bleibt ihm auch anderes übrig, wenn Mick Jagger in ‚I Can’t Quit You Baby‘ mit überschnappender Stimme „I’m so tired, so tired, baby, I want to lay down and cry“ skandiert, wie ein Prophet, der nach der Viagra-Überdosis das Ende der Welt verkündet.

Das wird mit Sicherheit nicht jedem gefallen, möglicherweise auch nicht jedem Stones-Fan, aber man hat das Gefühl, daß diese Überlegung bei dieser Scheibe sowieso keine Rolle gespielt hat. Im Gegensatz zu Punk-Bluesern wie den White Stripes oder Jon Spencer ist hier nix absichtlich auf schief und trashig getrimmt, diese großkotzigen alten Männer klingen einfach so, wenn sie den bösen Wolf raus lassen. Und, oh boy, das tun sie. Lustvoll, dreckig und launig. Großartig.

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