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The Girl With The Raven Mask

Wenn ein Musiker über sein neues Album sagt, dass es nahe dran an Perfektion sei und dass, wenn man ein perfektes Album fände, man ihn erschießen dürfte, dann gibt es nicht so viele Kandidaten im Metalzirkus, die hinter dieser Äußerung stehen könnten. Da wären zwar schon ein paar Kandidaten, die sich für die Allergrößten halten, aber gerade über Leif Edling halten sich hartnäckig Stories, insbesondere in Bezug auf Candlemass.

Nun, Leif Edling hat eine neue Band – Avatarium –, und seine Aussage bezieht sich auf das Debütalbum „The Girl With The Raven Mask“. Wenn es denn stimmt, dann darf man solche Sprüche klopfen (auch wenn es nicht unbedingt sein müsste …), und bei Avatariums Debüt trifft es (leider? zum Glück?) voll und ganz zu.

Wenn man nicht weiß, dass der ehemalige Candlemass-Bassist hier am Start ist, dann fragt man sich zunächst, woher einem dieser Stil bekannt vorkommt. Der rauchig-kratzige Bass und insbesondere die Melodien des Gesangs ähneln Candlemass sehr. Da aber kein tiefes Geknödel vom Messias den Sound bestimmt, sondern die wirklich hervorragende Rock-Röhre von Frau Smith, verbieten sich Vergleiche sofort. Außerdem ist die Musik weit weniger schwer, poppiger, stellenweise gar seicht („Iron Mule“), aber immer voller Energie und Enthusiasmus. Hier werden 70er Psychedelic-Helden (was eine Orgel … herrlich!) mit Doom, Pop und klassischem melodischen 80er-Jahre-Female-Fronted Metal vermengt, dass es eine Freude ist.

Die Balance zwischen Klischee und unbändiger Spielfreude ist fantastisch. Der Titeltrack steht ganz oben auf der Liste der eingängsten Stücke des Jahres und ist ein absoluter Volltreffer. Das ziemlich schnelle Stück verfügt über einen Drive der wirklich mitreißenden Sorte, aber auch die langsameren Stücke, die fast komplett im Doom angesiedelt sind überraschen wirklich, so wie beispielsweise „The January Sea“, das mit sperriger James-Bond-Titeltrack-artiger Theatralik überzeugt. Mit „Pearls And Coffins“ besucht man staubige Straßen im Südwesten der USA und begegnet dort dem Blues (und Jon Bon Jovi). Bei „Run Killer Run“ geht es noch mal in die Melodic-Metal-Vollen vom Feinsten. Auch „The Master Thief“ lebt die Symbiose von Blues und 70er Doom in absoluter Perfektion. Was für ein Album!
Doro, Lee Aaron, ihr könnt gepflegt in Rente gehen: Mr. Edling und Mrs. Smith sind das neue musikalische Traumpaar. Dass Lars Sköld, Stammdrummer von Tiamat, auch noch mitmischt, macht die Sache umso besser.

Avatarium haben hier mit ihrem ein – ich zitiere –

„Album nahe an Perfektion“

herausgehauen. Ja! Noch eine (im gröbsten Sinne) Doom-Scheibe im Jahr 2015, die nicht in Vergessenheit geraten wird. Ganz groß.

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