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The Ending Collage

Ein wirklich interessantes Album hat Multiinstrumentalist Janós Krusenbaum mit seinem Projekt Seeking Raven veröffentlicht. Irgendwo zwischen modernem Prog und mystischem Siebziger-Folk angesiedelt, hat „The Ending Collage“ tatsächlich das gewisse Etwas, was sowohl die Scheibe als auch das Projekt von der Konkurrenz positiv unterscheidet.

Das Besondere ist dabei die einzigartig märchenhaft bis skurrile Atmosphäre, die perfekt zu dem versponnenen Konzeptalbum mit seinen Geschichten über Enden und Erneuerung passt. Fast sieht man die Songs in Scherenschnitten oder osteuropäischen Puppenanimationen vor dem inneren Auge vorbeiziehen. Dazu passt auch das wunderschöne Coverartwork der mir völlig unbekannten Nathalie Prado, das automatisch auf eine Vinylausgabe hoffen lässt. Das ist aber noch lange nicht alles. Staunen ist angesagt, wenn gegen Ende des aktuellen Albums mit ‚Brave New World‘ eine düstere, elektronische HipHop (!) -Nummer ertönt. Soviel Chuzpe haben nicht viele Progrocker, und dass die untypische Nummer dennoch atmosphärisch zum Rest des Albums passt und sogar im Gesamtwerk Sinn macht, ringt – auch wenn’s nicht unbedingt gefallen sollte – definitiv Respekt ab.

„The Ending Collage“ punktet aber noch in weiterer Hinsicht. Denn der Frickelfaktor von Seeking Raven geht tatsächlich so ziemlich gegen Null, und nichts wird über Gebühr ausgewalzt. Der längste Song, ‚It’s Okay‘, dauert gerade mal knapp über sieben Minuten, die meisten Songs halten sich innerhalb der drei-vier-Minuten-Grenze. Das Progressive wird hier im ursprünglichen Sinne verwendet, nämlich, um traditionelle Strukturen und Genrekonventionen zu umgehen und ungewöhnliche Musik zu erschaffen.

Nur beim Gesang muß man ein paar kleinere Abstriche machen. Denn da überschätzt sich Janós gelegentlich einfach ein wenig. In den tiefen und mittleren Lagen kommt das noch ziemlich gut, aber die Falsettpassagen in ‚Requiem‘ und ‚The High Art Of Flying‘ animieren bisweilen dann doch die Zehennägel zum Aufrollen. Wenn er sich bei letzterem dann auch noch wenig überzeugend an (etwas) aggressiveren Metalshouts versucht, zieht das den ansonsten sehr guten Eindruck einfach ein gutes Stück nach unten. Trotzdem ragt „The Ending Collage“ klar aus der Flut der Prog-Veröffentlichungen heraus und kann ohne Umschweife empfohlen werden.

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