Sol Invictus
Leicht haben es Faith No More dem Nebenbei-Hörer noch nie gemacht, zu verschroben und spleenig waren der Großteil ihrer Songs, die sich abseits von Hits wie „Easy“, „We Care A Lot“ oder „Evidence“ auf den Alben befanden. Eine gefühlte Ewigkeit nach „Album Of The Year“ ist das Comeback-Werk „Sol Invictus“ schon eine musikalische Sensation einer Band, die müde von der Musik-Maschinerie war.
Wann kommt also eine Band, die seither gern den Hörer vor den Kopf stieß, sich nie als Metalband gesehen hat und gnadenlos ihr Ding durchzieht zurück? Richtig, wenn sie ebenso dieses in Eigenregie machen kann und das Feuer neu entfacht wurde.
So bietet „Sol Invictus“ gefühlt mehr als in der Vergangenheit schräge Songideen, manchmal fast schon unhörbare Passagen, aber immer wieder diese grandiosen Melodielinien und Atmosphären, die nur Faith No More und Vokal-Spezi Mike Patton hinbekommen.
„Sol Invictus“ beginnt mit melancholischer Pianomelodie und manischem Gesang Pattons. Gibt nicht Vollgas, baut aber eine fast schon pathetische Stimmung auf und ist eindeutig Faith No More. „Superhero“ erinnert an „King For A Day“, hartes Riff, funky Bass und ein Stimmband-malträtierender Patton erfreut die Fans.
„Sunny Side Up“ ist eine der Bandnummern, die nicht abgeht, sondern in ihrer eigenen Welt lebt und herrlich verschroben ist. Der Refrain ist fast Sommerhit-verdächtig. „Separation Anxiety“ fordert und setzt auf hypnotische Wiederholungen, verliert aber nach einigen Durchläufen an Wirkung, während „Cone Of Shane“ westernartig beginnt, etwas vor sich hindümpelt, um hintenraus stark aufzutrumpfen. Insgesamt typisch-eigenartige Struktur.
„Rise Of The Fall“ ist nicht minder abwechslungsreich und überrascht mit poppigen Gitarren und typisch irren Gesangsparts. „Black Friday“ beginnt flott mit Akustikgitarre und fernab der typischen Radiostrukturen, ein weiterer komplexer Klangbrocken, der genüsslich den Großteil der Menschheit überfordert. Der vorab bereits veröffentlichte Song „Motherf***er“ stellt den wohl zugänglichsten Track des Albums dar, obwohl er nicht sonderlich eingängiger als der Rest des Materials ist. Düsterer Gesang in den Strophen, brillante Bridge und ein hymnischer Refrain erfreuen alle Musikvermarkter und viele Nebenbeihörer. Definitiv ein Kandidat für Live-Konzerte und Compilations.
Das nachfolgende „Matador“ wirkt dagegen im direkten Vergleich wieder ungreifbar und extrem sperrig, ist aber dennoch schön unwirklich und gespenstisch. „From The Dead“ versprüht Flower Power-Atmosphäre und zeigt erneut den Humor und den dicken Mittelfinger der Band zu den Gesetzen der Musikindustrie.
Wie bewertet man nun ein Album, dass nach 18 Jahren eine einflussreiche Band wieder aufleben lässt, das in den ersten Durchläufen zu komplex und verwirrend ist, um sich darauf einzulassen, das nicht wirklich die großen Hits bietet und merkbar einer Band zuzuordnen ist, die nur noch das macht, worauf sie wirklich Lust hat? „Sol Invictus“ braucht Zeit, muss sich einschleifen und schön gehört werden, bevor man es genießen kann. Ob sich viele darauf einlassen? Wer weiss. Songs wie „Easy“ sucht man vergeblich, allerdings aber auch auf „King For A Day“ oder „Album Of The Year“. Dennoch zündeten diese Scheiben schneller und intensiver. Trotzdem gibt es viele tolle Ideen und anspruchsvolle Songs, die für ein gelungenes Comeback sorgen.