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We Came As Romans

Dass viele Sänger von Hard- und Metalcorebands, die anfänglich nur für ihr Shouts, Growls und Screams zuständig und bekannt waren, auch über die Jahre zu einer Stimmentwicklung fähig sind, haben viele vorgemacht. Anders Fridén von In Flames singt mittlerweile ebenso viel wie er schreit, und das hört sich auch noch gut an. Bei Danny Worsnop (bis vor kurzem Asking Alexandria, nun We Are Harlot), Austin Carlile (Of Mice & Men) und Caleb Shomo (früher Attack Attack!, jetzt Bearthooth) ist das genauso – um nur ein paar zu nennen. Am bemerkenswertesten ist wohl aktuell die Entwicklung von Oliver Sykes, Frontmann von Bring Me The Horizon, die man sehr wahrscheinlich auf dem nächsten Album im September in einer weiteren Phase bestaunen kann.

Es ist also nicht ungewöhnlich, dass Frontsänger solcher Bands über die Jahre ihre raue Seite ablegen. Zum Teil aus musikalisch-ästhetischen Gründen, zum anderen bestimmt aber auch um ihre Stimmbänder zu schonen. So konnte man es auch beim letzten Album von We Came As Romans beobachten, wo David Stephens, bisher zuständig für unclean vocals, zum ersten Mal gemeinsam Kyle Pavone sang, der bislang komplett die clean vocals übernommen hatte. Bis dahin alles in Ordnung. Komisch wird es nur, wenn der Sänger für die unclean voice den Sänger für die clean vocals fast vollständig ersetzt, obwohl dieser noch in der Band und nicht krank ist oder aus anderen Gründen seinen Part nicht leisten könnte. Und genau das ist auf dem vierten, selbstbetitelten Album von We Came As Romans passiert.

Dabei hat sich die Band gerade durch diese Stimmaufteilung bisher herausgehoben: Stephens‘ kraftvolle Shouts kombiniert mit Pavones eindringlicher, hoher, klarer Stimme. Paritätisch und harmonisch hat das bislang wunderbar funktioniert. Nun ist Stephens auf dem aktuellen Album bei den Songs 1, 5 und 8 ganz klar der Leadsänger und beherrscht auch sonst den Gesangsteil, etwa mit einem Verhältnis von 4:1 im Vergleich mit den Anteil von Pavone. Ihr Sound verliert damit deutlich an Schlagkraft, obwohl sich Stephens bei weitem nicht schlecht anstellt. Man hat allerdings auch nicht das Gefühl, dass sich Pavone nun mehr auf genial-ausgeklügelte Melodien auf dem Keyboard, Piano oder den Synthesizern konzentriere, was das Singen für ihn zweitrangig machen würde. Im Gegenteil: Das neue Album ist lange nicht so eingängig wie seine drei Vorgänger. leider hat es seinen Metalcore- / Post-Hardcore-Sound größtenteils zugunsten von Alternative-Rock aufgegeben. Dass viele Songs poppiger klingen, als es dem Image der Band gut tut, liegt wohl eben auch an dem größeren Anteil von clean vocals durch die erwähnte Umfunktionierung von Stephens‘ Gesang. Es bleibt zu hoffen, dass We Came As Romans den Titel ihres letzten Albums beim nächsten Mal wieder etwas ernster nehmen: ‚Tracing Back Roots‘.

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