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Night Echoes

Die Australier Hemina sind spätestens seit dem 2016er Album „Venus“ einer der heißesten Geheimtipps in Sachen progressivem Metal. Schön, dass trotz des immer größer werdenden Erfolges von Bandboss Douglas Skeenes „Zweitband“ Anubis auch für Hemina immer noch Zeit ist und mit „Night Echoes“ nun der Nachfolger des besagten „Venus“ vorliegt.

Gleich vorweg, in den letzten drei Jahren hat sich Einiges bei Hemina getan. Der Anteil „klassischen“ Progmetals der Dream Theater/Symphony X-Schule wurde kräftig zurückgefahren, die „üblichen“ Genre-Klischees im gleichen Zug eliminiert und stattdessen gerade in melodischer Hinsicht viel im Pop, AOR und bisweilen gar im Blue-Eyed-Soul gewildert – siehe ‚Nostalgia‘ mit seinen Anleihen an Hall & Oates, Toto und Michael McDonald oder ‚One Short‘, das auch Assoziationen zu den Red Hot Chili Peppers und No Doubt (!) zulässt. Nun muss ich gestehen, das ich die Art, wie Hemina die traditionellen Progmetal-Klischees bislang bedienten, eigentlich sehr mochte – „Night Echoes“ macht dem Hörer die Umgewöhnung aber recht leicht. Denn mit der stilistischen Öffnung haben Hemina auch den Fokus mehr auf die Vocals gelegt. Das erinnert bisweilen an eine weniger abgefahrene Version von Thank You Scientist oder dem, was Haken auf „Affinity“ ausprobiert haben, klingt aber hauptsächlich ziemlich eigenständig und eliminiert so einen Vorwurf, den die Band früher öfter mal zu hören bekam. Nicht nur, dass die coolen Vocals von Skeene und seiner Bandkollegin Jessica Lucas diesmal jede Menge hocheingängiger Songs zieren, auch die vierstimmigen Chor-Arrangements kommen noch besser zur Geltung als bisher. Rhythmisch hingegen bleibt die hochakzentuierte, fast djentige Basis des bisherigen Hemina-Sound aber fraglos erhalten.

Die wichtigste Veränderung aber ist der neugewonnene Wille, die Songs auf den Punkt zu nageln. Wo bisherige Alben der Band gerne mal die Spielzeit des Mediums CD bis aufs Letzte ausreizten, kommt „Night Echoes“ in gerade mal 45 Minuten zum Ende. Trotzdem gibt’s aber neun Songs zu hören, die aber allesamt von jeglichem überschüssigem Fett befreit wurden. Selbst der neuneinhalbminütige Longtrack ‚In Technicolor‘ kommt vollkommen ohne Längen und wäre auf dem Vorgänger wohl noch auf dreizehn Minuten gestreckt worden. Und wenn in ‚What’s The Catch‘ alles, was normalerweise in einem Siebenminüter passiert, im Dreieinhalbminuten-Radio-Format gesagt werden kann, wer will da meckern?

Natürlich ist das Album auch wieder fantastisch produziert, obwohl Hemina nach wie vor ohne Label agieren. Dazu kommt ein stimmungsvolles Artwork, dass die Atmosphäre des Albums perfekt unterstützt – ja, so lasse ich mir eine stilistische Neuorientierung gefallen. Besonders, wenn diese im Endeffekt wohl doch das bislang beste Album der Band hervorbringt. Auch für „normale“ Progrocker, die mit Metal wenig oder nichts anfangen können, dürfte hier viel Schönes zu finden sein – für Progmetaller sei hiermit sowieso eine unbedingte Kaufempfehlung ausgesprochen. Am Besten also hüpft Ihr gleich zum Webshop der Underground-Spezis von Just For Kicks, wo „Night Echoes“ bereits auf Euch wartet.

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