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The Great War

Neue Sabaton-Werke sind in den letzten Jahren vorab stets zum Spektakel geworden, was Ankündigung und Präsentation betrifft. Auch bei „The Great War“ wurde wieder medial aus allen Rohren gefeuert und so manchem Fan dürften wohl die Augen übergequollen sein bezüglich der Aktionen rund um das neue Album ähnlich denen der Soldaten im ersten Weltkrieg, die das erste Mal einen Tank sahen. So scheint es also nur konsequent, entsprechend der Dimension des bis damals größten Krieges der Menschheit auch die Promotion entsprechend aufzuziehen. 

Kritiker könnten sich nun wieder zu Wort melden, Band und Label ein „too much“ vorwerfen, doch der Aufwand, der betrieben wurde, ist schlicht gerechtfertigt. „The Great War“ zeigt wieder einmal die Qualität und Stärke der Band, die die Themen in Sabaton-typischer Manier passend umgesetzt haben: „The Great War“ besitzt eingängige, melodische, hymnische Songs mit den bandeigenen schwingenden Melodiebögen. Interessanterweise haben die Besetzungswechsel der Vergangenheit nahezu keine Auswirkungen auf den Stil gehabt, Veränderungen gibt es nicht viel, es wird sich auf die Stärken konzentriert. Hier könnte man sagen, dass neue Mitglieder wenig Mitspracherecht zu scheinen haben oder eben, dass sich die Neuen gut ins Bandgefüge integriert haben. 

Zu der Musik: In der „History-Edition“ werden die Songs durch eine sehr gute Sprecherin mit historischen Fakten und Kommentaren eingeleitet und geben den interessierten Hörern nochmals erweiterte Hintergrundinformationen, die Standardedition wirkt dagegen etwas flüssiger. 

Der Opener „The Future Of Warfare“ bietet alles, was Sabaton groß gemacht hat. Mächtige Chöre, die ureigene Melodieführung, Jahreszahlen, die typischen Keyboards, die Themenwechsel, großes, dramatisches Solo. Durch den für Sabaton unkonventionellen Rhythmus sehr spannend. „Seven Pillars of Wisdom“ überzeugt mit Altbekanntem auf sehr hohem Niveau: Kraftvoller Breitwand-Power Metal mit den wohl wuchtigsten Chören der Spielart.

„82nd All The Way“, „A Ghost in the Trenches“, das forsch-wuchtige „Fields of Verdun“ und „Devil Dogs“ sind klassische Sabaton-Nummern, die heroisch nach vorn marschieren und die die einzigartige Atmosphäre der Schweden verbreiten, die keine andere Band so erzeugen kann. Man mag von den Falunern halten, was man will, fehlenden Wiedererkennungswert kann man Sabaton nicht unterstellen. Eine gewisse Weiterentwicklung bzw. Änderungen im marginalen Bereich sind sogar auch auszumachen: „The Attack Of The Dead Man“ überrascht mit etwas unüblicher Melodieführung bei den Chören, klingt aber dennoch nach Sabaton und sorgt für gewisse Nuancen im Sound. 

Bei einem Album über den kriegerischen Flächenbrand darf natürlich eine Persönlichkeit nicht fehlen: Manfred von Richthofen, bedacht mit „The Red Baron“. Großartiges Orgelintro, danach gibt die Sabaton-Vollbedienung mit rollendem „R“ und hymnischen Refrain, der selbst wie das lyrische Vorbild den Himmel zu erobern scheint. Durch die Orgeluntermalung ein extrem unterhaltsamer Song. Der Titeltrack beginnt entsprechend der zentralen Bedeutung nochmals mit ein paar Schippen drauf, monumentale Chöre, dazu heroischer Gesang, antreibender Rhythmus und unglaublich viel Drama, zu Recht ist diese Komposition der Namensgeber des Albums geworden. Ganz großes Kino und DAS Highlight des Albums! Genauso üppig oder gar cineastisch wird es mit „The End Of The War To End All Wars“, bei dem aus allen Rohren gefeuert wird (passende Formulierung für Sabaton!), was die Geschütze hergeben. Wo andere Bands dann gern eine überlange Monumentalnummer positionieren, bleiben sich hier Sabaton aber treu und bleiben unter fünf Minuten. Die Orchestrierung erinnert dazu ein wenig an die bombastischen Elemente aus den Monster-Nummern von Nightwish. Gänsehaut pur! Emotional wird es dann nochmal beim Rausschmeißer „In Flanders Fields“, der nur aus ergreifenden Choraufnahmen besteht. Perfekter Ausklang zur Album-Thematik. 

Was geht, was bleibt abschließend? Spannend ist, dass sich Sabaton minimal geöffnet und einige kleine Überraschungen eingebaut haben (Orgel, manche Melodieführungen, gesteigerter Bombast), auf der anderen Seite aber ihren Stiefel kompromisslos in gewohnt hoher Qualität durchziehen. Interessanterweise sind es eben diese kleinen Änderungen, die besonders in Erinnerungen bleiben, eingebettet in dem gesteckten Rahmen, der erwartet wird und bleiben muss.

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