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Of Dragons And Elves

Von Drachen und Elfen? Echt jetzt? Sind die Zeiten von pathetischem Fantasy-Powermetal nicht endgültig passé? Ich muss zugeben, daß ich skeptisch war, als mich ein alter Freund aus der gemeinsamen badischen Heimat, aus der auch Evertale stammen, auf die Band hinwies. Auch wenn ich fairerweise dazu sagen muss, daß ich weder ein profunder Powermetal-Kenner noch -liebhaber bin, neugierig war ich trotzdem. Um die rhetorische Eingangsfrage nach der Daseinsberechtigung zu beantworten: Nein, die Tage dieser Bands sind nicht vorbei, und Evertale sind darüber hinaus ein eindrucksvoller Beweis dafür, was mit Leidenschaft und Talent auch 2015 noch aus dem Powermetal-Lager kommen kann. Vorausgesetzt natürlich, daß man mit den Fantasy-Themen und dem speziellen Stil ganz grundsätzlich etwas anfangen kann.

Die Fantasy-Thematik vom ursprünglich 2013 selbstproduzierten und nun bei Noise Art Records wiederveröffentichten „Of Dragons And Elves“ beruht bei den Offenburger Metalheads nicht wie beim offensichlichen Vorbild Blind Guardian auf Tolkiens „Herr der Ringe“, dem die Krefelder 1998 mit „Nightfall in Middle-Earth“ ein erfolgreiches Epic-Powermetal-Denkmal gesetzt hatten. Evertale schöpfen gewissermaßen aus der zweiten Reihe der Fantasy-Literatur, namentlich aus dem „Drachenlanze“-Universum, das nicht nur Fantasy-Computerspiele und eine Comic-Serie inspirierte, sondern auch eine wahre Flut von Romanen aus der fiktiven Welt Krynn nach sich zog. Und in der geht es, wie der Name nun einmal verspricht, um Götter und Drachen, Elfen und Halbelfen, Magier, Barbaren und Paladine. Und das farbenprächtige Albumcover lässt keinen Zweifel daran, womit es der Hörer hier zu tun hat.

Mit der Umarmung eines heiligen Ritters beginnt auch das Album der Mittelbadener. Das Instrumental-Intro ‚Paladin’s Embrace‘ beginnt mit Flöten, Bläsern und Streichern und einer triumphalen Melodie. ‚In The Sign Of The Valiant Warrior‘ beweist die gemeinsamen Wurzeln mit dem Speed-Metal, denn den ersten bleibenden Eindruck verschaffen die Speed-Riffs von Frontmann und Sänger Matthias Graf, natürlich stimmig abgerundet mit super-ohrwurmigem Refrain und genretypischem Gesang auf hohem Niveau. Das neunminütige ‚Tale of the Everman‘ bietet die gleiche Opulenz bei gemächlicherem Tempo und durchläuft mehrere Akte mit unterschiedlichem Unterton. Ein düsterer Auftakt, der die Bedrohung durch die erwachenden Drachen gelungen widerspiegelt und dann die Träume, Versuchungen und Visionen des Magiers Raistlin aus seiner Sicht erzählt. Mit Leiden und Qual in der Musik, schier endlos schleppenden Riffs leitet der Song zu einer Hymne auf die namensgebenden Drachen über. ‚Into The Dragons Lair‘ ist majestätisch wie es sich für die geflügelten Fabelwesen gehört, vor allem beim Gesang. Er handelt von der Furcht eines heiligen Kriegers, der mit dem Glauben an seinen Gott Huma die Angst vor dem schwarzen Drachen Krisanth zu überwinden sucht. Pathos, sicher. Aber musikalisch und atmosphärisch perfekt inszeniertes Pathos mit blitzend metallischer Attitüde. Wer die Fantasy-Geschichten mit seinen Sterotypen mag, wird die Songs lieben. Vor allem auch deshalb, weil sich die Offenburger darauf verstehen, die Aufmerksamkeit des Zuhörers durch Abwechslungsreichtum zu fesseln.

So wie beim Titelsong des Albums, das mit keltischen Flötenklängen, Tamburinen und akustischen Gitarren aufwartet, aber selbstverständlich auch mit Stromgitarren! Oder beim kurzen instrumentalen Zwischenspiel ‚My Honor is my Life‘, ebenfalls zweigeteilt in einen akustischen und einen E-Gitarren-Teil, das sehr stimmig in die Ritter-Hymne ‚The Crownguard’s Quest‘ überleitet. Hier nehmen Gesang und Gitarren wieder an Tempo auf, man kann sich die galoppierenden Schlachtrösser geradezu vor dem inneren Auge vorstellen, genau wie den drachenbevölkerten Himmel in ‚Firestorm‘. Eine echte Perle ist außerdem ‚Brothers In War‘, das die Entfremdung zwischen den Brüdern Caramon und Raistlin aus der Drachenlanze-Saga zum Gegenstand hat und mit einem schwermütigen Unterton in der Musik die zugehörigen Emotionen spiegelt. Schicker Bonus: Raistlin wird von Ralf Scheepers von Primal Fear gesungen, der die Rolle des egozentrischen und unberechenbaren Magiers alleine schon durch seine markante Stimmlage sehr treffend verkörpert.

Was soll ich sagen? Das hier ist astreinster Fantasy-Powermetal von einer jungen Band, die Freunde des Genres und Bands wie Blind Guardian, Rhasody of Fire, Orden Ogan und Konsorten undbedingt im Auge behalten sollten, wobei die Offenburger den meisten der einschlägigen Bands tatsächlich in nichts nachstehen und sich als die legitimen Erben empfehlen. Lange, epische (sorry, hier passt der Begriff nunmal) und emotionale Spitzen-Metalsongs mit Sword-and-Honor-Attitüde in Hülle und Fülle gibt’s hier zu entdecken. Zückt Schwerter und Stäbe – und dann auf in den ewigen Kampf um Ruhm und Ehre! Evertale begleiten euch.

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