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Symfonia

Es ist natürlich schwierig, dieses Livealbum der Pomp-Götter nur drei Wochen nach dem überraschenden Tod von Sänger/Bassist John Wetton auch nur halbwegs fair zu beurteilen. Wetton hatte außer Asia schließlich auch noch Bands wie King Crimson, U.K., Uriah Heep, Family, Roxy Music und Wishbone Ash – um nur die populärsten zu nennen – seinen Stempel aufgedrückt und auch noch eine ganze Reihe toller Soloalben, teilweise in Zusammenarbeit mit Musikern von Jethro Tull, IQ, Toto, Whitesnake, den Beatles und Genesis veröffentlicht. Diese Aufnahmen aus dem Jahr 2013 verdeutlichen nochmals, was für ein schwerwiegender Verlust Johns Tod für die Rockwelt ist.

Versuchen wir es mit den Fakten. Für das Konzert in Plovdiv hatten Asia erstmals live mit einem Orchester zusammengearbeitet, was bei der ehedem sehr auf größtmöglichen Pomp ausgelegten Asia-Mucke natürlich absolut sinnig ist und ins Programm passt. Neben den Originalmitgliedern John Wetton, Geoff Downes (ex- Buggles, Yes) und Carl Palmer (das P in ELP) spielte 2013 bereits Jungspund Sam Coulson als Ersatz für den direkt vor der Tour ausgestiegenen Steve Howe (Yes) die Gitarrenparts. Nach den teilweise reichlich lustlosen Performances, die Howe mit der reformierten Band abgeleistet hatte, machen Coulsons sympathisches Auftreten, der rockige Stil und die unübersehbare Spielfreude, die klar auf die anderen drei abfärbt, einen enormen und positiven Unterschied zu den – nicht wenigen – Asia-Livemitschnitten der letzten Jahre. Die Setlist ist natürlich stark auf die ersten beiden Alben ausgelegt, mit Hits und Klassikern wie ‚Don’t Cry‘, ‚The Smile Has Left Your Eyes‘, ‚Sole Survivor‘ und natürlich das unverwüstliche ‚Heat Of The Moment‘. Die Jahre danach werden mit ‚Face On The Bridge‘, ‚Holy War‘, ‚An Extraordinary Life‘, ‚Heroine‘ und dem überraschenden The Unforgiven-Cover ‚Days Like These‘ (von der „Then & Now“-Best Of-Scheibe) leider gerade mal angeschnitten. Da hätte man sich zumindest mal noch ‚Never Again‘, ‚Finger On The Trigger‘ oder ‚Rock And Roll Dream‘ – gerade wegen des Orchesters! – gewünscht. Leider ist eben das Orchester nur in der zweiten Hälfte des Gigs beteiligt, wider Erwarten ist das aber keinesfalls ein Negativaspekt. Denn so gibt es tatsächlich zur zweiten Hälfte noch einmal einen Dynamikanstieg, der auch der Band spürbar einen weiteren Kick gibt.

Mitgeschnitten wurde „Symfonia“ übrigens ursprünglich vom bulgarischen Fernsehen, das heißt, ein Feuerwerk an kreativster Schnittechnik darf man nicht erwarten, aber ein unaufgeregt abgefilmtes Konzert, das sich auf die Musiker konzentriert. Der Sound scheint auch eher aus einer Boardsumme oder einem Ü-Wagen zu kommen. Zwar sind durchaus alle Musiker klar herauszuhören, HiFi-Fetischisten werden hiermit aber eher nicht glücklich werden.

Auch wenn John Wetton natürlich nicht mehr die Kraft in der Stimme hatte, die ihn in den Siebzigern und frühen Achtzigern auszeichnete, gibt er sich auf „Symfonia“ zu keiner Sekunde eine Blöße. John war eben immer ein außerordentlich gefühlvoller Sänger, hatte einen der kraftvollsten und auch für Nichtmusiker wiedererkennbarsten Basssounds überhaupt (Robert Fripp nannte ihn „The mighty bass beast of terror“)und ganz klar der Dreh- und Angelpunkt von Asia, egal, was ein gewisser John Payne behaupten mag. Mit „Symfonia“ kann sich jeder noch einmal daran erinnern, was für ein großartiger Musiker am 31.Januar 2017 von uns gegangen ist. ‚An Extraordinary Life‘, indeed.

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