Nach Jahren als Solokünstler, ein paar Comebacks mit seiner Band Talisman und einem kurzen Intermezzo als Sänger von Journey ist Jeff Scott Soto inzwischen mit seiner eigenen Band unterwegs: Soto. Zur Veröffentlichtung des zweiten Albums "Divak" bezieht Jeff im Whiskey-Soda-Interview Stellung - zu Band und Album, zu Karriere-Entscheidungen und Label-Wechseln, zu Europa-Tourneen in Zeiten des Terrors und zur vakanten Sänger-Position bei AC/DC.

Jeff, warum hast du dich nach all den Jahren dazu entschieden, nicht mehr als Solokünstler Jeff Scott Soto aufzutreten, sondern unter dem Bandnamen Soto?
Ich habe in meinem Leben schon sooo viele Namen, Projekte, Bands, etc. und wollte nicht noch eins. Deshalb hab ich es einfach Soto genannt. Damit ist jedem klar, wer der Sänger ist. Aber mit den vier Buchstaben ist auch klar, es geht um eine Band, nicht nur um den Sänger.
Und worum geht es beim neuen Album „Divak“? Was hat das zu bedeuten?
Mit meiner Frau und ihren beiden Kinder verbringen wir den Sommer immer in Bulgarien, weil sie dort geboren wurde. Dort gibt es eine echte Plage mit streunenden Katzen. Als meine Frau und die Kinder im letzten Jahr den Müll rausgebracht und einige der Katzen gefüttert haben, kamen sie mit dieser klitzekleinen Katze wieder, die sie zwischen den Mülltonnen aufgesammelt hatten. Die war nicht wie die anderen Katzen, die den Menschen nicht trauen. Sie fühlte sich wohl bei uns.
Also haben wir alle Impfungen organisiert und sie mit nach Los Angeles genommen. Jetzt, ein Jahr später, kann dieser kleine Engel manchmal auch ein Teufel sein. Und dann schimpft meine Frau auf bulgarisch. Sie ruft „Divak“. Ich hab sie gefragt, was das heißt. Sie sagt: Wild, verrückt, all sowas eben … alles, was auch unsere Musik beschreibt! Ich hielt das für einen perfekten und passenden Titel. Auf dem Cover ist der schwarze Panther. Das ist die größere Version unseres „Divaks“ zuhause.
Ich habe das Gefühl, dass „Divak“ stärker ist als das erste Album. Stimmst du mir zu, dass es irgendwie kompletter und runder wirkt?
Absolut, das ist es auch. Wie schon gesagt, hab ich das erste Album als Soloalbum gestartet, für das ich mit verschiedenen Gästen kollaboriert, geschrieben und gespielt hab. Bei „Divak“ hab ich das minimiert und die Band beim Songwriting und bei der Performance in die Pflicht genommen. Es war mir sehr wichtig, dass jeder merkt, wie gut die Jungs wirklich sind, nicht nur, wie gut sie das Material von anderen spielen können.
Wie kam denn Ozzy Osbourne-Gitarrist Gus G dazu, der in den Songwriting-Credits gelistet wird?
Der Sound von Soto ist härter als vieles, was du früher gemacht hast, besonders im Vergleich zu deinen Alben, die beim Label Frontiers erscheinen sind …
Frontiers war strikt dagegen, dass ich solche Musik mache oder irgendwas, das härter ist, als das Material, was wir zusammen veröffentlicht haben. Ich verstehe und respektiere das, weil Frontiers ein Melodic-Rock-Label ist. Aber man muss auch bedenken, dass ich im Heavy Metal angefangen habe. Das ist immer noch in meinem Blut und ich hab das Aggressive auch ein bisschen vermisst.
Die Verantwortlichen bei Frontiers haben ein klares Nein geäußert, als es um die Veröffentlichung von „Inside The Vertigo“ ging. Aber mit earMusic haben wir eine tolle neue Heimat gefunden, die mich gern dabei unterstützen, dass ich mich musikalisch auslebe. Ich bin damit gerade sehr glücklich, auch wenn das bedeutet, dass ich in gewisser Weise wieder von vorn anfange.
Ich hab mir online mal ein paar Setlisten von euch angeschaut. Dabei ist mir die „Monsters Of Rock“ Kreuzfahrt vom vergangenen Februar ins Auge gefallen. Da gab es zwei Gigs: ein reines Soto-Set und eine Show mit deiner Solomusik und anderem Material. Wie viel Zeit bleibt dir denn noch für AOR und Funk?
Du warst Sänger für Yngwie Malmsteen, Axel Rudi Pell, bei Talisman, Journey, dem Trans-Siberian Orchestra und vielen mehr. Angesichts dieser namhaften Liste – welchen Platz nimmt Soto in deiner Karriere ein, und welche Bedeutung hat die Band im Vergleich zu den anderen?
Es ist ein Statement, eine Rückkehr zu meinen Wurzeln, aber auch die Welle der Zukunft. Ich wäre nicht komplett, wenn ich das, was ich gerade mache, nicht tun dürfte. Und ich hoffe, dass ich das noch für viele Jahre machen kann.
Wie sehr hast du von deinem Engagement beim Trans-Siberian Orchestra profitiert?
Ich profitiere von der Herausforderung etwas machen zu können, dass ich normalerweise für mich nicht für möglich gehalten und wahrscheinlich auch gar nicht in Erwägung gezogen hätte. TSO eröffnet mir eine weitere musikalische Seite, in die ich mich reinbegeben kann, und die wiederum meine eigenen Werke beeinflusst. Auf den Soto-Alben bemerkst du vielleicht hier und da ein theatralisches Element. Das hab ich vom Trans-Siberian Orchestra mitgenommen.
Wie sieht es aus, hast du dich schon als Sänger für AC/DC beworben?
Nein, danke! Das war schon hart genug, in meinem Alter die Songs von Journey zu singen. Bei AC/DC wäre meine Kehle nach zwei Konzerten ruiniert. [lacht]
Mal was Ernstes: Du bist derzeit in Europa auf Tournee. Welche Auswirkungen haben da die jüngsten Terroranschläge?
Zum Abschluss unseres Interviews muss ich als Nordlicht jetzt noch mal meckern. Auf der Tournee gibt es überhaupt keine Konzerte in Norddeutschland. Warum das denn? Bisher bist du doch eigentlich fast jedes Mal auch in Hamburg aufgetreten. Gibt es dahingehend irgendwelche Pläne in naher Zukunft?
[lacht] Meine Plattenfirma sitzt in Hamburg. Die waren auch nicht glücklich damit. Wir haben die Tour relativ spät gebucht. Da haben wir in Deutschland nicht mehr alle Daten hinbekommen, die wie gern spielen wollten. In Belgien, Frankreich und Großbritannien war es genauso. Deshalb überlegen wir gerade, ob wir nicht im September wiederkommen.Aber eins ist auch klar: Jeder guckt jetzt ganz genau auf das neue Album und die aktuelle Tournee. Wenn beides nicht so gut läuft, wird es keine zweite Tour geben. Ich muss mich also anstrengen!
Viel Erfolg dabei!
[Fotos: earMusic]