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Sirens

The Weepies zählen nicht unbedingt zu den aufregendsten Bands dieser Tage. Es gestaltet sich schon als schwierig, den richtigen Aufhänger für eine Geschichte über das Folkpop-Duo zu finden. Sie machen es einem aber auch nicht leicht. Seitdem sie sich kennen, machen sie zusammen Musik. Seitdem sie zusammen Musik machen, sind sie verliebte Leute. Mit dem, was sie tun, haben sie Erfolg. Langweilig, öde, schnurzpiepegal? Aber vielleicht lohnt es sich deswegen, ‚Sirens‘ mal ein wenig an die Substanz zu gehen.

Bevor Deb Talan und Steve Tannen mit den Aufnahmen zum nächsten Streich beginnen konnten, erkrankte sie an Brustkrebs. Vieles, dass die beiden mit ihrer Krankheit durchmachen mussten, findet sich auf ‚Sirens‘ verarbeitet.

‚This is not the way / I thought it would be / thought it would be much brighter / I thought I saw stars / but it was the rain falling / I thought it was a fight / but it was a game, all in‘

, heißt es zum Beispiel auf ‚Does Not Bear Repeating‘. Auch vom Titeltrack bleibt vor allem Deb Talans sehr zerbrechliche Stimme im Kopf, die ihre große Kraftlosigkeit und ihr Leben am Limit dokumentieren. Ein tiefer Schlag, der die beiden dennoch keinen Schritt zurückwirft. Eher scheint es, als gewännen sie selbst der schlimmsten Lebenslage genug ab, um daraus etwas Positives zu schaffen.

Wie gewohnt dominieren die Akustikgitarren des Ehepaars, die sich mit einer buntgemischten Gruppe an Gastmusikern ab und zu etwa anders kleiden. Opener ‚River from the Sky‘ oder ‚Crooked Smile‘ bringen so eine sonst eher ungewohnten Tiefe durch Streichern und Klaviertöne und auch ‚Fancy Things‘ lässt die Zupfinstrumente fast komplett stehen, um ein starkes Rhythmusgruppengerüst für den hier brummenderen Gesang Deb Talans zu liefern. Der Rest brilliert hingegen nicht unbedingt durch die großen musikalischen Offenbarungen, sondern plätschert nett im Hintergrund vor sich hin. So wie das peppige ‚Early Morning Riser‘, das mit den dominanten Trompeteneinlagen schlussendlich doch eher wie ein Werbejingle für den neuen Bio-Smoothie klingt. Wenigstens macht er gute Laune.

Wie soll es auch anders sein. Sechzehn Songs, die über eine Stunde spielen, sind mehr als genug und leider rücken die wirklich bewegenden Songs damit schnell in den Hintergrund. Das Tom Petty Cover ‚Learning To Fly‘, ‚Brand New Pair of Wings‘ oder ‚Sunflower‘ sind völlig überflüssige Brückenlieder, die man als Hörer schnell wieder vergisst. Kitsch-Höhepunkt ist aber ‚Never Let You Down‘. Es hätte auch gut und gerne ‚Ode an die glückliche Ehe‘ heißen können, denn das Duo macht sich darin eine schnulzige Liebeserklärung nach der anderen.

Nun gut, kann man diesen Alles-ist-gut-und-schön-Pop wirklich kritisieren? ‚Sirens‘ ist eine nette Scheibe, nicht mehr, nicht weniger. Immerhin gibt er einen Ruhepol, Leichtigkeit, ein kuscheliges Nest, eine rosarote Wolke, einen Hafen zum Ankommen – und auch mal eine einfühlsame und gebrechliche Einsicht in schwere Zeiten. Das hier ist ein Album für jene, die sich durch süßen Folkpop im Hintergrund den Frühlingstag schöner machen können. Für den Rest ist es ein Manifest der Langeweile. Jetzt darf man wählen.

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