Supermoon
‚You turn away / You turn around / You turn in circles all the time / You stuck and you’re restless‘
(‚Supermoon‘)
Wie oft hat der Mond sein Gesicht schon herhalten müssen, um der Sehnsucht einen Namen zu geben? Wahrscheinlich unzählige Male. Auch Sophie Hunger heult in ihrem fünften Studioalbum unser liebstes Gestirn an. In Kalifornien wollte sie neue Kraft tanken, sich von der Musik distanzieren. Geklappt hat das eher mäßig, denn schon nach einem Museumsbesuch in San Francisco, der ihr die Entstehungsgeschichte des Mondes näherbrachte, kaufte sie sich schnell eine Gitarre und begann wieder zu schreiben.
Du drehst dich weg, drehst dich herum, bleibst stehen und bist ruhelos. Hunger nutzt den Mond als Bühne für Erzählungen über persönliche Erfahrung und offenbart durch Vergleiche mit diesem neugewonnene Selbsterkenntnis.
‚Take me away, away, away, away, away, away‘
(‚Mad Miles‘), wiederholt sie wieder und wieder und schlägt damit die Grundstimmung von ‚Supermoon‘ auf den Tisch. Eine weite Reise, die Sophie Hungers eigene Rastlosigkeit unterstreicht. Immerhin ist die Schweizerin schon in ihrer Kindheit in vielen Ländern zu Hause gewesen. Auf ‚Queen Drifter‘ schreibt sie nur von sanften Klaviertönen begleitet fast schon eine Art Lebensabschnittsbiografie:
‚It’s been a while / thousands of miles /never had a favourite place / folding up tables / eating with strangers / never seen a favourite face / so scared of being alone / so you start to love the things you know‘
(‚Queen Drifter‘).
Auch musikalisch begibt sie sich in neue Abenteuer. Neben ihren Steckenpferden der französischen Chanson-Musik (‚Chanson d’Hélène‘) und den ruhigen, poetischen Balladen (‚Die ganze Welt‘, ‚Queen Drifter‘), haut sie zeitweise ordentlich auf den Putz. Der sonnige Americana-Sound muss der Schweizerin in Kalifornien aufs Gemüt geschlagen haben, denn in ‚Love Is Not The Answer‘ oder ‚We Are The Living‘ sind es schnittige E-Gitarren und akzentuierter Gesang, die Sophie Hunger von einer frecheren Seite zeigen. Am meisten experimentiert sie auf ‚Superman Woman‘, dass durch schnittige Trompeteneinschläge und effektlastige Gitarren geballte Kraft und Power ausstrahlt. Der wahre Juwel des Albums versteckt sich aber hinter einer vierten Sprache. ‚Heicho‘, das auf Schwyzerdütsch ’nach Hause kommen‘ bedeutet, ist eine bewegende Geschichte, die von jemandem erzählt, der zum Sterben in die Heimat zurückkehrt. Sophie Hunger singt mit entfremdeter Stimme und minimalistisch gehaltener Begleitung in nur drei Minuten von der wahrscheinlich längsten Reise auf ihrem Album.
Auf all ihren Wegen kommt Sophie Hunger zurück. Zur Musik und zu sich. Zum Glück, denn ihr fünftes Studio Album ist ein sehr gelungenes Werk, das nur erneut bestätigt, dass sie zu Recht eine gefeierte Musikerin ist.