Expect The Unexpected
Nein, es ist kein Cover der alten Dog-Eat-Dog-Nummer, das als Namenspate für diese Platte dient. Vielmehr setzen Stinger mit „Expect The Unexpected“ eine Duftmarke, die musikalisch in eine ganz andere Richtung geht. Der dritte Longplayer der fünf Herren aus dem bayerischen Allersberg macht da weiter, wofür die Combo bereits mehrfach in der Kategorie „Hardrock“ beim Deutschen Rock&Pop Preis ausgezeichnet wurde: kernige Gitarren-Mucke. Wie bei einer anderen Truppe, die später in diesem Artikel noch eine bedeutende Rolle spielen wird, ist nicht Sänger Matteo Giovannone Chef der Gruppe, Mastermind und Namensgeber ist Gitarren-Mann Matthew Sting, der das Quintett 2016 aus der Taufe gehoben hat.
Wer bei den ersten Tönen von „Digging Up The Dirt“ an AC/DC denkt, liegt hier grundsätzlich nicht falsch. Ein klassisches Angus-Riff eröffnet das Lied und auch im Chorus machen altbewährte Mitsing-Parts schnell klar, welche Alben im Regal der Jungs stehen. „Chasing Utopia“ setzt an gleicher Stelle an, Strom-Klampfen und ein treibendes Schlagzeug machen den Grundsound, im Refrain kommt ein Schuss Scorpions dazu und fertig ist der Fünf-Minuten-Stampfer. Als Gast können die Herren hier Mr. Big-Bassist Billy Sheehan begrüßen, der die erste Single mit seinem Spiel veredelt. Ein kleines bisschen ruhiger und bluesiger kommt „Monkey“ zu Beginn daher, um in den Strophen Crossover-Rap-Parts zu liefern, aber auch hier bleiben die Roots klar. So geht es munter weiter, der Härtegrad variiert mitunter und die Songs kommen ohne große Schnörkeleien in selten mehr als drei Minuten auf den Punkt. Zum Abschluss liefert „Two Words One Finger“ den musikalischen Abspann und lässt die Zuhörer*innen noch einmal vorm geistigen Auge headbangen.
Dass die Jungs sich hier mehrfach Vergleiche mit den berühmten Kollegen aus Australien gefallen lassen müssen, wird sie vermutlich nicht sonderlich stören, haben sie doch bereits mit Ex-Member Mark Evans auf einer Produktion zusammengearbeitet. Daher bleibt als Fazit nach unterhaltsamen 40 Minuten, dass Stinger die Rockmusik definitiv nicht neu erfinden – und das wohl auch gar nicht wollen, Stattdessen liefern sie bewährten Hardrock-Sound mit bekannten Gitarren-Klängen, stets melodiös und handwerklich gut gespielt. Ohne es in irgendeiner Weise böse zu meinen, spricht diese Scheibe wohl kaum junge Menschen in den Zwanzigern an, sondern eher die Generation 40+. Sollte Angus Young „Expect The Unexpected“ zu hören bekommen, wird er sich beruhigt in seinen Sessel setzen, die Augen schließen und mit einer tiefen inneren Befriedigung den Kollegen Keith Richards zitieren: „Ich habe die Fackel weitergereicht!“
Note: 2