SEBEL- Sträusse aus Pflaumen
Vor gerade einmal einem Jahr hat Singer/Songwriter Sebel sein letztes Werk „Der Boxer“ rausgehauen, nun legt der (Wahl-)Recklinghausener mit seinem neusten Streich „Sträusse aus Pflaumen“ nach. Wann er zwischen den Aufnahmen zu Stoppoks „Teufelsküche“, der dazugehörigen Tour und einer weiteren mit Carl Carlton, die Zeit dazu gefunden hat, ist unklar, insbesondere, da er im Alleingang alle Instrumente eingespielt, die Produktion und das Mischen übernommen hat, und noch Vater-Diensten nachkommen musste, aber dazu später mehr.
Los geht es mit einer Ode an die Gersten-Kalt-Schale und seiner mehr als 5000jährigen Geschichte. Musikalisch in klassischer Sebel-Manier, gemäßigtes Tempo, eine leise Akustikgitarre zu Beginn, bevor die „Band“ einsetzt. Nicht nur Hobby-Brauer dürften die Worte „Wasser, Hefe, Hopfen, Malz“ direkt mitsprechen, und auch für diese wird gelten „Bier ist mein Leibgericht“. So geht es weiter, unterschiedliche, oftmals sehr persönliche Themen werden angesprochen, die Arrangements werden mal durch Streicher ergänzt („Meine letzte Leine“), mal werden die Worte beinahe gerappt („Leckt mich am Arsch“), kein Lied wird unnötig in die Länge gezogen und nur einmal wird die früher magische dreieinhalb-Minuten-Grenze um wenige Sekunden überzogen.
Highlight ist das Lied „Für dich da (von Papa)“ in der der Musiker die Beziehung zu seiner Tochter thematisiert und offen zugibt: „Ich brauchte etwas Zeit, um dich lieben zu lernen, man wird ja mal nicht jeden Tag Papa“. Ehrliches und zugleich mutiges Statement in Zeiten von Helikopter-Eltern und politisch strengen Sittenwächtern. Über die gemeinsamen Zeiten auf dem Spielplatz, jedem Lächeln und trotz durchgewachten Nächten, ist die Liebe aber gewachsen und nun ist der Vater immer „Für dich da“, auch „wenn du schon erwachsen bist und ich im Rollstuhl fahr‘“.
Rein akustisch endet mit „Ein Jahr“ der Reigen und beendet nach insgesamt zehn Tracks den bunten „Strauss aus Pflaumen“.
Was bleibt nach etwas mehr als einer halben Stunde Spielzeit? Gut, das Cover ist Geschmackssache, aber es heißt ja nicht umsonst: „Don‘t Judge A Book By Its Cover“. Sebel schreibt auf seiner Seite, dass viele untypische Sounds zu hören sind. Das ist wohl richtig, aber unterm Strich bleibt es doch ein typisches Sebel-Album. Ein wenig ruhiger als das letzte (und näher am Vor-Vorgänger „2020 im Schlafanzug besiegt“). Freunde des (modernen) Liedermacher-Genres und von Kollegen wie Stoppok oder Pohlmann dürften hier in jedem Fall voll auf ihre Kosten kommen.
Note: 2