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SEBEL – Der Boxer

Tief aus dem Herzen des Ruhrgebietes, genauer gesagt aus Wanne-Eickel, kommt Singer/Songwriter Sebastian Niehoff, besser bekannt als SEBEL. Neben Sideman-Jobs bei Stoppok und Alligatoah hat er mittlerweile fünf eigene Scheiben veröffentlicht (das vergriffene Debüt mal mitgerechnet), und legt nun mit „Der Boxer“ Album Nummer 6 vor. Mittlerweile in Recklinghausen ansässig, hat der Musiker die zwölf Songs in seinem eigenen Studio nahezu im Alleingang eingespielt, und liefert nun den Nachfolger von „2020 im Schlafanzug besiegt“, auf dem sich auch sein viraler Corona-Superhit „Zusammenstehen“ befindet. Wie es zu dem Lied kam und viele weitere spannende Hintergründe, hat er uns übrigens vor zwei Jahren in einem ausführlichen Interview erzählt, das immer noch sehr lesenswert ist.

Aber kommen wir zur aktuellen Veröffentlichung: Los geht es mit dem ruhigen und nachdenklichen Titel-Track, über die Aufs und Abs des Lebens und dem ewigen Kampf, doch noch einmal aufzustehen. „Der Letzte Wichser“ startet mit einer Akustik-Klampfe, die die Grundlage der Nummer bildet, im Chorus aber eine schöne Bläseruntermalung bekommt, und der Sänger in bester Ruhrpott-Kodderschnauzen-Manier seine Abrechnung mit dem unbeliebten Typen macht, der ihm seinen Abend in der Kneipe ruiniert, und ihn zum Abhauen bewegt.

„Gib mir noch ein bisschen mehr“ wird von Sebels Lebensgefährtin Inga Strothmüller am Gesang verstärkt, und macht vielleicht Niehoffs Roots bei Ziehvater Stefan Stoppok am deutlichsten klar. Es geht um den Beginn einer Liebesbeziehung auf dem Kiez in St. Pauli, und lebt von der jeweiligen Sichtweise der beiden Gegenpole, auf dem Weg sich am frühen Morgen nach einer durchzechten Nacht zu finden.

Bei „New York“ fühlt man sich -Dank des intensiven Saxophon-Einsatzes- sofort in die 80er zurückversetzt, während man im direkten Anschluss bei „Wie der Wind weht“ noch einmal 20 Jahre weiter in die musikalische Vergangenheit reist, und -dieses Mal dank Gitarre, Blues Harp und der Kriegsthematik- unweigerlich an die Frühwerke von Bob Dylan denken muss.

Nicht erst seit dem „Outing“ von Kurt Krömer vor zwei Jahren ist die Krankheit Depression in aller Munde, auch Sebel bringt das Thema auf der CD unter. Es bleibt offen, ob sich der Autor einfach nur gut ins Thema gedacht hat, oder ob er über seinen eigenen „Schwarzen Hund“ singt.

Auf der Zielgeraden gönnt Sebel sich mit „Gangsterteam“ noch einen Quatsch-Blues mit Bonnie-und-Clyde-Motiven, inklusive fiktiver Funksprüche bei der Verfolgungsjagd quer durch den Pott, die jedoch nicht im Kugelhagel, sondern betrunken in einem Ententeich endet. Der „Pimpf ausm Fernseher“ lässt den Longplayer dann mit einem treibenden Schlagzeug nach einer knappen dreiviertel Stunde noch einmal knackig auslaufen.

Nach dem rockig-rotzigen „Wie Deutsch kann man sein“ und den nachfolgenden drei eher ruhigen Scheiben, kommt „Der Boxer“ nun wieder ein wenig lauter daher, überschreitet aber zu keinem Punkt einen gewissen Härtegrad. Unterm Strich ist es aber der abwechslungsreichste Release des Künstlers, insgesamt mehr als gelungen und macht Lust auf dessen Live-Umsetzung.

 

Note: 2

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