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Say It Out Loud

Das Jahr 2012 war ein schicksalhaftes im Leben der Aimee Allen. Durch diverse erfolgreiche Kooperationen (etwa mit Unwritten Law und speziell deren Sänger Scott Russo), als Judge bei den Independent Music Awards, mit Soundtrack-Beiträgen und als Radio-Moderatorin hatte sich die Dame aus Los Angeles bis dato schon längst USA-weit als Vorzeige-Punkrockerin etabliert. Selbst vor der hohen Politik machte sie nicht Halt und unterstützte 2008 den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron Paul mit einer inoffiziellen Hymne und diversen Performances. All diese Umtriebe inklusive ihres ersten Soloalbums konnten ihr aber offenbar kein wirklich heimisches Gefühl verschaffen, und so suchte sie sich in besagtem Jahr die drei Brüder Bivona und schloss sich mit ihnen als The Interrupters zusammen.

Zur gleichen Zeit vertiefte sich Aimees Freundschaft mit Rancid’s Tim Armstrong. Der nahm die frisch gegründete Band prompt auf seinem Hellcat-Label unter Vertrag, doktorte tatkräftig an ihrem Debütalbum mit herum und integriert sie seither gern in seine Auftritte als Tim Timebomb and Friends. Selbstredend hat Armstrong nun auch das zweite Album ‚Say It Out Loud‘ produziert, das The Interrupters pünktlich zum Sommerbeginn vorlegen und das dank dieser geradezu familiären Bedingungen eine echte Feel good-Platte geworden ist.

Launiger Ska-Punk funktioniert bei Sonnenschein eben besonders gut, und die musikalische Nähe zwischen den nicht-mehr-ganz-Newcomern und ihrem Mentor wird mit ‚Say It Out Loud‘ hörbar vertieft. Gleich im Opener ‚By My Side‘ taucht da ein Riff auf, das man fast genauso schon auf ‚… And Out Come The Wolves‘ gehört zu haben meint. Von Rancid unterscheiden sich The Interrupters aber freilich durch ihre (optisch natürlich aparte) Frontfrau, die sich nichtsdestotrotz um eine Armstrong-like schnoddrige ‚Don’t care‘-Stimmlage bemüht. Die Riot-Girl-Thematik findet auch in den Texten der Band Niederschlag, wenn etwa in ‚She Got Arrested‘ ein angepisstes Mädel ihren tyrannischen Typen kurzerhand abknallt:

‚He lost the fight / she won it.‘

Bei allem Sendungsbewusstsein der Texte (

‚Loyal to death, to death what we do, we stand together, we stand by our crew!‘

) wünschte man sich in den meisten der 14 Songs doch ein wenig mehr Girl Power in Allens Gesang. Und so begegnet uns auf ‚Say It Out Loud‘ ein gängiges Phänomen des gemainstreamten Punkrocks: Es ist alles nur halb so wild, wie es uns das Image vermitteln will. Die Songs sind glatt durchkomponiert, arrangiert und produziert, sind sehr solide und zuverlässig nett. Das Album macht durchaus Spaß, hält aber nun wirklich keine Überraschungen bereit (schon gar nicht das Gesangsduett mit Tim Armstrong ‚Phantom City‘). Man kann es sich immer wieder mal anhören, ohne groß emotional gefordert zu werden. Es ist ein Album, dem man seine Absichten und Ambitionen deutlich anmerkt. Das ist nicht grundsätzlich schlecht, immerhin weiß man genau, woran man als Käufer ist. Hier wird für Jeden, wirklich für Jeden etwas geboten, der Ska-Punk im Allgemeinen und Rancid im Speziellen mag. The Interrupters wollen gar nicht stören, sie wollen nur spielen.

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