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Roots

Gelegentlich passiert es, daß sich langjährige Studio- oder Mietmucker zu einem gemeinsamen Projekt zusammenschließen. In manchen, höchst seltenen Fällen kommt dann so was wie Toto oder die Eagles dabei heraus – in den meisten Fällen aber dann doch eher so etwas wie das Debütalbum von Planting Robots.

Dirk Hoppe (v), Ingo Hassenstein (gtr) und Stephan Emig (dr und alles Andere)haben bereits mit Klaus Lage, Gregor Meyle, Stephanie Heinzmann, aber auch Andrea Berg und Semino Rossi gearbeitet, und sind nach eigener Auskunft im Jazz, Pop und Rock gleichermaßen beheimatet. Die Chemie in der Band soll großartig und vollkommen Alte Schule sein, sogar einen Proberaum zum Songschreiben haben sie, und alles wurde analog aufgenommen – aber dann doch digital gemischt. Ach ja, und den Prog-Pop wollen sie erfunden haben. Letzteres ist natürlich Quatsch, Prog-Pop existiert, seit die Beatles mit progressiven Elementen experimentiert haben und damit streng genommen schon länger als der Begriff des Progressive Rock. Und von all den toll klingenden Alleinstellungsmerkmalen ist leider auch keins auf „Roots“ herauszuhören. Dabei beginnt alles noch recht vielversprechend, die ersten beiden Songs, ‚Yearning‘ und ‚Afterglow‘, klingen ein wenig wie eine kräftig geglättete Mischung aus Mittneunziger-Alternative Rock und den erträglicheren Momenten der letzten beiden Coldplay-Alben. Mit Prog hat das alles natürlich rein gar nichts zu tun, es handelt sich um netten, seichten Radiopoprock im Fahrwasser von Rea Garvey, Revolverheld, DSDS-Gewinner-Singles und dem erwähnten Gregor Meyle. Der wird mit viel Autotune und ein paar Extravaganzen des scheinbar recht nervösen Drummers angereichert, die oftmals allerdings keinesfalls Bereicherungen darstellen, sondern wie mit der Brechstange eingepasst anmuten. Schlimm wird’s aber teilweise in der zweiten Hälfte, wenn Songs wie ‚Time’s Up‘ und ‚Bittersweet‘ versuchen, im angeschrägten Gute-Laune-Elektropop-Territorium von Katy Perry, Lady GaGa und (der neueren) Taylor Swift zu wildern. Das geht dann vollkommen ins Beinkleid, da Planting Robots weder auch nur ansatzweise über die Ohrwurm-Hooklines von Max Martin und Co. noch die noch die freche Bubblegum-Attitude der genannten Damen verfügen – statt dessen wirkt alles nach wie vor furchtbar verkopft und steif.

Wer Planting Robots nun mögen soll, ist mir offen gesagt schleierhaft. Dem Radiopophörer werden die großen Melodien fehlen und die Arrangements zu konfus sein, dem Progfan dürfte alles zu seicht und, offen gesagt, auch zu unausgereift sein. Klar, handwerklich ist alles perfekt eingespielt, wie das von Vollprofis zu erwarten ist, und Arne Neurand (u.a. Guano Apes, Revolverheld) hat das Ding soundtechnisch kompetent in Szene gesetzt. Gute Musiker bedeuten aber eben noch lange nicht automatisch gute Musik. Ungeachtet des Genre sind es nämlich immer wieder ausschließlich die Songs, die entscheiden, ob man etwas mag oder nicht. Und genau dort hakt es im Hause Planting Robots leider enorm.

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