ThomasSF

Nightbringers

Dunkel ist die Nacht und voller Schrecken denken Serienfans daran, noch über ein Jahr auf die achte und finale Staffel von Game Of Thrones warten zu müssen. Death-Metal-Fans dagegen haben mehr Glück, denn The Black Dahlia Murder haben mittlerweile ihr achtes Studio-Album „Nightbringers“ veröffentlicht und ein Ende ist bei ihnen noch lange nicht abzusehen.

Die Jungs aus Detroit haben sich seit ihrer Gründung im Jahre 2000 mittlerweile einen festen Stand in der Todes-Metall-Gilde erkämpft. Wurden sie anfangs noch als Knappen des Metal-Cores abgetan, so entwickelten sie über die Jahre ihren eigenen Stil, in dem sie den Sound des Westens (Carcass, Morbid Angel) mit dem des Nordens (At The Gates, In Flames, Dissection) vereinen.

Jetzt laden die Herren der schwarzen Dahlien also in ihre Burg und man ahnt sofort, dass es ein blutiges Fest wird. Mit raumgreifendem Sound wird man durch die Hallen geführt und Trevor Strnad brüllt einen an, als sei er der irre König. Meist mit hoher Stimme, mal mit tiefen Growls erzählt er nahezu ohne Atempause seine mörderischen Geschichten. Richtig spannend wird es jedoch immer dann, wenn der Geräuschpegel zwischenzeitlich mal ein wenig nachlässt. Man horcht unwillkürlich auf, welche Melodien und Klänge sich in den dunklen Nischen und Winkeln wie Schatztruhen auftun. Und da kommt viel Melodic Death zu Tage, zwischendurch schimmert sogar mal ein kleines bisschen Power Metal durch. Doch bevor es einem zu heimelig wird, setzen sie einem bereits die nächste Death-Metal-Attacke wie das sprichwörtliche Messer an die Kehle.

Im Titelstück selbst haben The Black Dahlia Murder so etwas wie ihre Erkennungsmelodie geschaffen, ganz in der Art, wie sie jede gute Serie braucht. Ein einfaches, unermüdlich wiederholtes Riff, das sich in kürzester Zeit in die Gehörgänge einbrennt und den Nacken unwillkürlich zucken lässt.

Alles in allem schmieden The Black Dahlia Murder mit „Nightbringers“ ein scharfes und solides Schwert, mit dem sie sich wagemutig in kommende Schlachten um den Melodic-Death-Thron werfen können.

Vestigial

Lo! Was ist denn das für ein Bandname? Hat sich da jemand beim virtuellen Lautauflachen vertippt? Doch es hat alles seine Richtigkeit. Die eingekürzte Variante von „look and behold“ bedeutet so viel wie „Siehe da!“ Das wiederum passt wie die Faust aufs Auge, denn Australiens Sludge-Metal-Export Lo! ist eine Band, die man kommen sehen soll.

Ihre Videos stechen aus der Masse heraus. Vor zwei Jahren hinterließen sie schon mit ‚Orca‘ einen dicken pinken Abdruck auf Netzhaut und Cortex der interessierten YouTube-Zuschauer. Jetzt verdrehen sie einem mit ‚Locust Christ‘ in knapp anderthalb Minuten sprichwörtlich den Kopf. Wer diese Videos gesehen hat, vergisst sie einfach nicht mehr. Diese visuelle Stärke kommt nicht von ungefähr. Bassist Adrian Shapiro ist seit Jahren als Videoproduzent erfolgreich und hat neben zahlreichen Werbespots auch schon Clips für Fleet Foxes und Beyonce produziert.

Musikalisch gehen die Jungs aus Sydney aber in eine ganz andere Richtung. Brachialer Sludge mit Noise- und Death-Metal-Einschlägen bricht sich auf „Vestigial“ seinen Weg. Converge, Mastodon, Neurosis, Cult of Luna und Black Breath werden von ihnen als Einflüsse genannt. Damit ist das von Lo! beackerte Feld zwar sehr gut umrissen, hängt aber gleichzeitig die Messlatte entsprechend hoch.

Doch Lo! können auf ihrem dritten Album in großen Teilen schon gut mithalten. Am besten gelingt es ihnen, wenn sie innerhalb eines Songs in Tempo und Stimmung variieren, wie zum Beispiel bei ‚Glutton‘, ‚A Tiger Moths Shadow‘ oder ‚Judas Steer‘. Die kurzen, ruhigen Momente, bevor der Sturm wieder losbricht – vor allem dieser Kontrast macht „Vestigial“ hörenswert. Die Vocals von Sänger Sam Dillon ziehen eine konstant aggressive Linie durchs Album. Nur die beiden ruhigen Nummern ‚Bombardier‘ und ‚Bestial Beginnings‘ offenbaren, dass die Band im Bereich melodiöser Post-Metal noch Luft nach oben hat.

Sollen sie es doch lieber krachen lassen. Ich bin mir sicher, dass Lo! auch allein mit ihrem heavy Southern-Sludge-Sound und den starken visuellen Ideen noch einiges an Aufsehen erregen werden.