ROCK HARD FESTIVAL 2022 – Mit Stakkato, Polonäse und teutonischem Stahl gegen Corona
Festival-Sommer versus Corona-Epidemie? Pfingsten 2022 gewinnt ganz klar der Festival-Sommer, nicht nur nach Punkten, sondern durch Technischen Knock-out. Das CoVid-Virus ist an diesem Wochenende auf dem ausverkauften Rock Hard Festival kaum von Belang. Masken, Abstand und Rücksichtnahme sind Fehlanzeige, dafür herrscht Partystimmung wohin man guckt. Dazu spielt das Wetter drei Tage lang mit, beschert uns Sonne, nur am letzten Tag schmälert Dauerregen ein kleines bißchen den die grenzenlose Freude am „normalen“ Festivalleben.
Die Vorfreude ist groß, größer, am größten. Endlich wieder los, die Autobahn von Hamburg nach Gelsenkirchen, dem Festival des Rock Hard Magazins entgegen, herunter zu cruisen. Gute Laune baut Zelte in ungeahntem Tempo auf. Die erste Party steigt und schon ist es Freitagmittag, der Auftakt zum lauten Musikreigen. Diesen eröffnen Neck Cemetery mit einem etwas unausgegorenen Potpourri aus Heavy Metal mit Speed-Anleihen der Alten Schule. Agil und mit viel – zu viel? – Gepose schaffen es die Lokalmatadore mit der Zeit den Bann zu brechen, Band und Publikum werden eins. Souverän und selbstsicher mit atmosphärisch elegischen Songs und einen sich penetrant in den Vordergrund spielenden Solisten kämpfen die schwedischen Doomster Sorcerer mit dem strahlenden Sonnenschein, in dem sich so schön mit einem Bier entspannen lässt. Helllichter Doom Metal!? Auch die Schwarzmetaller Nifelheim schaffen es nicht, die Sonne zu verdunkeln. Ganz im Gegenteil, ihr mit Klischees überladener Auftritt hat etwas von Kabarett. Aber durchaus putzig! Diese negativen Iros!
[ngg src=“galleries“ ids=“87″ sortorder=“1413,1414,1399,1411,1398,1410,1397,1408,1395,1415,1407,1396,1394,1412,1406,1401,1409,1403,1400,1405,1402,1404″ display=“basic_imagebrowser“ ajax_pagination=“1″ order_direction=“ASC“]Doomsday ist ein Fest der Liebe
Beim Auftritt der legendären Bay Area Thrasher Heathen am frühen Abend gehen die Meinungen weit auseinander, brutal gut gelauntes Headbanging steht endlosem Geriffe ohne Sinn und Verstand gegenüber. Die Söldnertruppe um Shouter David White ist stets bemüht, kann aber nicht als Einheit überzeugen. Die Song-Auswahl ist unglücklich mit vielen viel zu langen Stücken, nur ,Death By Hanging‘ vermag die WS-Crew ein wenig wach rütteln. Ganz zum Gegensatz zum routinierten – was in diesem Fall wirklich nicht positiv gemeint ist – Auftritt Heathens wissen Phil Rind und Co. auf ganzer Linie das Spektrum von positiven Feedback zu sprengen. Spielfreude, Leidenschaft, gute Laune, Spaß und ganz, ganz viel Liebe – Sacred Reich zünden ein Hippie Thrash Metal-Feuerwerk, das seinesgleichen sucht. Die Begeisterung ist vollkommen, überall. Alte und neue Kracher – ,American Way‘ und ,Manifest Reality‘ als Beispiel – reihen sich aneinander wie eine hochkarätige, unbezahlbare Perlenschnur. Und wir dürfen sie, wenn auch nur für kurze Zeit, unser eigen nennen! Leider nutzen die Thrasher aus Phoenix ihre Spielzeit von 90 Minuten nicht aus. Trotzdem: A concert to remember! Period!
[ngg src=“galleries“ ids=“88″ sortorder=“1416,1418,1417,1420,1419,1421,1422,1423,1424,1426,1425,1428,1427,1429,1431,1430″ display=“basic_imagebrowser“ ajax_pagination=“1″ order_direction=“ASC“]Samstag, 05. Juni
Zum samstäglichen Frühschoppen rufen Idian Nightmare. Es bleibt bei den ein oder anderen Shoppen Bier bis einem die Griechen von Suicidal Angels einen wuchtigen Thrash Metal-Hammer ohne Firlefanz vor den Latz knallen, der sich gewaschen hat. Bang! Respekt für die konstante Weiterentwicklung auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Den Kater aus den Knochen geprügelt ist jetzt die Retro- und Prog Metal-Fraktion zum Ringelpietz aufgerufen: Villagers Of Ioannina City und Atlantean Kodex streicheln die Saiten. Für die einen hat erstgenannte Kapelle einen zu langen Namen, die zweiten treten zu verkopft auf, die anderen Pilger schweigen und genießen die gediegenen Klänge. In mitten der gleißenden Nachmittagssonne zieht sich dann eine Pogo-Polonäse zum locker-lässigen 80er Pop Metal des Night Flight Orchestras durch das Halbrund des Amphitheaters. Die gute Laune hat somit einen Höhepunkt erreicht, für den weder Seifenblasen, noch Konfetti von Nöten sind. Nur eine legere Hommage an das Flair von Miama Vice.
Ein Haufen nüchterne Schotten macht keinen Sommer
Im Anschluss stehen sich Altherren Metaller und ein trommelnde und Dudelsack blasende Schotten gegenüber. Wie einst William Wallce und die Teutonen … Böse Zungen munkeln, an dieser Stelle wurde das gute Wetter für den Sonntag verspielt. Motörheads Phil und seine Jungs haben leider kurzfristig abgesagt, sodass die Niederländische Death Metal-Walze Asphyx die Chance hat, sich durch satte 75 Minuten Blut und Gedärm zu suhlen. Dass Fronter Martin van Drunen dies immer mit einer nicht immer einwandfreien Portion Humor macht, sorgt dafür, dass Asphyx die Gelegenheit beim Schopf packen und einem gleich den Kopf samt breitem Grinsen ganz abreißen. ,Walhalla‘-Chöre des altehrwürdigen germanischen Blind Guardian-Kultes und ein Großfeuer auf der anderen Seite des Rhein-Herne-Kanals beenden den zweiten Festivaltag, der für jeden Geschmack das richtige Mindfood im Angebot hat.
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Was das Billing am dritten Tag angeht, gehen die Meinungen wiedermal gehörig auseinander. Die WS-Crew teilt sich auf, um zu erleben, wie solides dänisches Dynamit den Regen für eine gute Stunden vom Himmel bläst, während die ehrliche Metal-Fraktion mit Night Demon ihren Spaß hat und mit Midnight dem Teufel huldigt, der an diesen Tag in Form von Regen vom Himmel herabsteigt. Hamburger Schietwetter halt! Normal! Kein Grund, drei Mal die Sechs zu zeigen. In feines Plastik gehüllt pilgern viele Hartgesottene vor die Bühne, um sich vom nordischen Variante des Glam Rocks von Michael Monroe zum Schwofen verleiten lassen. Trotz Wasser überall weiß der alte Knochen wie der Rock’n’Roll geht. Alles, was mit Rock zu tun hat – Hard Rock, Heavy Metal Rock, Thrash Metal Rock, Death Metal Rock oder Black Metal Rock – wird halt nie sterben.
[ngg src=“galleries“ ids=“90″ display=“basic_imagebrowser“ ajax_pagination=“1″]Für eine große Diskussion sorgt der Auftritt der „neuen“ Accept alias Neo Accept. Von grundlegender, tiefer Ablehnung – ohne Udo Dirk Schneider? Nä! Niemals! – bis euphorischem Fistbanging inklusive Kniefall werden Standpunkte wortreich vielerorts ausgetauscht. Dementsprechend geht der Auftritt der teutonischen Heavy Metal-Legende als Fake oder Offenbarung durch. Typisch deutsch, immer verbohrte Standpunkte einnehmen. Die Wahrheit liegt wie meist im subjektiven Auge des Betrachters … Vielleicht hat auch ein nur das Dreckswetter einigen die Stimmung versaut oder alte Durchhalteparolen aus längst eingemotteten Gehirnwinkeln aufgeweckt.
„Alte“ oder „neue“ Accept? Das ist die Gretchenfrage.
Auf jeden Fall ist es unglaublich schön, sich wieder den so heiß geliebten lauten Klängen live widmen zu können, eine Auszeit vom Corona-Alltag zu nehmen. Und wer noch es noch nicht hatte, hat hier die beste Gelegenheit, sich eine Schaufel davon mitzznehmen. Hoffentlich haben wir uns damit nicht selber ins Knie geschossen, sodass wir im Herbst wieder auf viele dieser tollen Erlebnisse verzichten müssen. Scheißegal! John Rambo hat auch es trotz einer Fleischwunde von einer Panzerfaust immer wieder geschafft, weiter zu kämpfen. Und schlussendlich ist die Punkmusik, die schöne Punkmusik an allen Schuld!
Dank für konstruktiven Input geht an Chrischi, M-O, Steffi, Harald und Georg.
Fotos: Christian Zimmermann