Beyond The Black – Der fast schon vorbestimmte Weg des Erfolgs
„Beyond The Black, eine Band, die scheinbar wie aus dem Nichts plötzlich auf den Metal-Bühnen der Welt steht. Alles fing an mit einem Auftritt auf dem Wacken Open Air 2014. Aber wie kommt man als völlig unbekannte Band aufs Wacken? Musikproduzent Thorsten Brötzmann saß mit den Wacken-Chefs Thomas Jensen und Holger Hübner zusammen und man sprach unter anderem über die „Wacken Foundation“ – die Stiftung des Wacken Open Airs, deren Stiftungsrat Brötzmann angehört. Nach getaner Arbeit fiel dem Hitproduzenten ein Fundstück ein, das er unbedingt den Wacken-Veranstaltern vorspielen wollte. Er ließ die ersten Aufnahmen von Beyond The Black über seine Anlage laufen. Die Wacken-Macher waren aus dem Häuschen. Genau überliefert ist es nicht, aber das Duo Jensen-Hübner muss so etwas gesagt haben wie: „Die brauchen wir fürs Wacken“. Aber woher kamen diese Aufnahmen? Und warum hat nie jemand zuvor von der Band gehört? Ist es nicht so, dass Bands klein anfangen und sich Schritt für Schritt nach oben arbeiten? Wir gruben mal ein wenig und befragten die Band dazu selbst.
„Zu unserer Gründung gibt es nur zu sagen, dass Jenny mit Produzenten schon länger am arbeiten war“
, erzählt uns Gitarrist Christopher Hummels.
„An ihren Songs, die jetzt auch die Beyond The Black-Songs sind, dass sie dann monatelang auf der Suche war, Jungs zu finden, mit denen sie eine Band gründen kann. Wir haben einen gemeinsamen Freund, den Hannes von Kissin‘ Dynamite und der Tobi, der Niels und der Erwin haben alle an der Popakademie studiert und daher kennen sie den Hannes, weil er auch von da war. Hannes hat uns die Songs gezeigt, als wir abends mal trinken waren und da meinte er, sie würden ’ne Band suchen. Dann haben wir Jenny getroffen, mit ihr gefühlte 400 Pils getrunken und so haben wir uns zusammengefunden.“
Vielleicht war es sogar tatsächlich so. Hannes Braun (Kissin‘ Dynamite) war immerhin mal Teilnehmer auf der Konferenz „Zukunft Pop 2014“ der Popakademie Baden-Württemberg. Insofern liegt es whiskey-soda.de fern zu behaupten, die Band hätte sich nicht auf natürliche Weise kennen gelernt, es klingt aber alles zu perfekt und dabei soll nicht nur auf die Zusammensetzung der Band hingewiesen werden. Fast alle Tracks auf dem Album klingen zu professionell arrangiert. Das gesamte Album und Image der Band scheint so sehr auf Bekanntheit und Hittauglichkeit getrimmt, dass es einem schwer fällt, von einer bisher unbekannten jungen und unerfahrenen Band auszugehen.
„Aber so unerfahren ist die Band auch nicht, zumindest nicht ihre Mitglieder. Jenny Habens ist bei Weitem keine Unbekannte: Gut fünf Jahre ist es her, da wurde aus den vier Gewinnerinnen der Jahrgänge 2007 bis 2010 des Casting- und Gesangwettbewerbs KIKA-Live – „Beste Stimme“ die Band „Saphir“ gegründet, deren Mitglied unter anderem Jenny Haben war. Davor hatte sie eine eigene Band und sang auch diverse Songs für den Disney-Channel.
Christopher Hummels gründete 2006 die Band „Fall in Grace“, die 2010 ihr Debütalbum veröffentlichte. Dort war er Sänger und Leadgitarrist und schrieb auch alle Songs selbst. Interessant dürfte sein, dass man im August 2014 das letzte Mal etwas von dieser Band „hörte“. Parallel dazu gründeten sich Beyond The Black. Deren jetziger Leadgitarrist Nils Lesser hat schon vorher mal in Wacken gespielt, ging mit anderen Bands auf Tour und ist bisher noch Gitarrist der Melodic Death Band „Cypecore„.
Wir könnten jetzt immer so weiter machen, aber zielführend ist das nicht. Vielleicht haben sich ja alle wirklich unterhalten, getroffen und wollten sich neu finden, eben mit Beyond The Black. Dass die Band, so wie sie jetzt zusammengesetzt ist, mit ihrem Label und Produzenten ebenfalls Glück hatte ist unübersehbar.
„Wir haben wirklich Glück gehabt“
, sagt uns Christopher.
„Unser Vorteil ist: Wir haben ein Label, das uns unheimlich unterstützt und an uns glaubt“
, und führt weiter aus, dass dies der Grund sei, weswegen das Label so viel Geld in die Band investiere.
„Und das ist eben auch der einzige Unterschied zu einer Band, die genauso gut ist wie wir, dass wir eben ein Label haben, das uns unterstützt. Das gibt es heutzutage nicht mehr wirklich häufig.“
Hoffen wir nur, diese Zeilen lesen weder Nuclear Blast noch Metalblade oder Century Media.
Universal Music und ihr Sublabel Air Force 1 haben mit dem Debüt-Album der Band eine erstklassige Produktion abgeliefert, eingespielt von professionellen Musikern, dazu ein perfekter Marketing-Mix und eine Band wird aus der Taufe gehoben, die fast alle Zuhörer begeistert. Christopher aber auch Jenny betonen:
„Die Resonanz der Festivalbesucher auf dem Wacken war unglaublich, auf der Tour mit Saxon waren die Leute ultrageil, sind abgegangen, es war megageil, eine absolut positive Erfahrung für uns.“
Jetzt eine eigene Headliner-Tour mit Auftakt gestern in Berlin und das, obwohl ihr Erstling erst im Februar diesen Jahres erschien.
„Dass das hier alles ausverkauft ist, damit hätten wir nicht gerechnet“
, sagt Jenny.
„Jetzt sind wir zum ersten Mal genau da angelangt, wo wir in den vier Shows mal unsere Fans kennen lernen werden und dann gibt es da draußen doch tatsächlich Leute, die ohne uns zu kennen sofort unsere Tickets gekauft haben, so dass die Shows ausverkauft sind. Und das lässt uns so wie wir hier gerade im Sessel sitzen und unser Beruhigungsbier trinken und einfach nur sagen ‚OK, alles klar, da sind wir baff'“
, ergänzt Christopher.
“
Das klingt nicht nur nach Senkrechtstarter, das sind sie einfach. Aber was macht diese Band so erfolgreich? Oder ist es wirklich nur die viele Werbung? Das Geld, das das Label in die Band pumpt? Ihr Stil ist immerhin nichts Neues. Hier und da klingen die Kompositionen wie auch Jennys Stimme nach Within Temptation. Epische Keyboards erinnern an Nightwish und das eine oder andere moderne Riff ähnelt Evanescence. Aber muss das Rad denn neu erfunden werden? Eigentlich nicht, denn Beyond The Black bieten genau das, was bisher in dieser Musiksparte fehlte: Eine Mischung aus härteren Musikstilen des „Modern Metal“, ohne dass eine echte Härte zum Vorschein kommt – eben alltagstauglich für eine breite Hörerschaft – und filigranen Gothic-Melodien, dazu absolut epische Ohrwürmer (‚In The Shadows‘, ‚When Angels Fall‘) sowie seichte, teils überkitschige Balladen (‚Love Me Forever‘, ‚Unbroken‘); hier und da Mittelalteranmutungen mit Flöte und Dudelsack (‚Pearl In A World Of Dirt‘). Das passt alles zusammen. Dazu: qualitativ hochwertige und aufwendige Kompositionen und nicht zuletzt die Band selbst, ob nun zusammengestellt oder nicht. Alle wirken bodenständig, sogar etwas schüchtern. Sie suchen die Nähe des Publikums, mischen sich nach dem Konzert unter die Fans, geben Autogramme. Auch im Interview waren alle nett und überhaupt kein wenig abgehoben. Das macht nicht nur Spaß, das lässt die Band eben auch sympathisch wirken. Und dieser Mix ist eben ihr Erfolgsrezept.
Und wie wird es weitergehen? Da sind sich alle einig: Erst einmal die Tour hinter sich bringen und nicht gleich an ein neues Album denken. Christopher ergänzt:
„Ziel ist es jetzt, die aktuellen Songs an den Mann zu bringen. Klar, jeder werkelt für sich an ein paar Songs, aber man wird ja automatisch davon beeinflusst wie das Publikum auf die Songs reagiert und wenn wir ‚Running To The Edge‘ spielen und du siehst, dass die Leute ultra abgehen, dann ist man selbst so geflasht von dem Song, dass man sagt ‚Ey, irgendwie habe ich nochmal Bock auf so eine Art von so einem Ding‘. Und deswegen gucken wir jetzt einfach, dass wir unsere Platte soweit es eben geht auf dieser Welt live präsentieren dürfen und dann werden wir uns irgendwann denke ich mal Ende des Jahres beziehungsweise Anfang nächsten Jahres zusammenhocken.“
Am Schluss bestätigt die Band noch, dass der typische Beyond The Black-Fan wie folgt aussieht: 90-60-90, blondes wehendes Haar. Ob damit nun die männlichen Metaller gemeint waren, blieb offen.