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Rochus

‚Leck mich du scheiß Vernunft!‘

Wer denkt das nicht mindestens einmal am Tag? Den Nagel auf den verdammten Kopf zu treffen, ihn in offene, vor sich hin eiternde Wunden zu rammen oder auch neue zu öffnen, das ist das so unterhaltsame wie lehrreiche Talent der Joseph Boys. Auf ‚Rochus‘ (Flight13 Records) findet sich eine schier unerschöpfliche Reihe mal mehr, mal weniger prägnant, aber immer treffend formulierter Beobachtungen und Erkenntnisse des alltäglichen Wahnsinns, die dem Hörer hier Erleichterung, dort Aha-Erlebnisse verschaffen. Weil…

… ‚Die Welt im Goldfischglas die kennt keinen Tellerrand.‘

Damit ist die dringende Empfehlung ausgesprochen, sich intensiv mit ‚Rochus‘ zu befassen. Und das nicht nur wegen der klugen und gewitzten Texte. Sondern auch wegen der Selbsteinordnung ins musikalische Genre ‚Art-HC-Punk mit kubischer Kühle‘. Das klingt schön, aber auch gefährlicher, als es am Ende ist. Tatsächlich ist die (Post-)Punk-Darbietung à la Joseph Boys ungekünstelt genug, um ihre Wirkung gänzlich auf die formulierten Inhalte auszurichten. Die Texte können zwar nicht komplett die etwas dünnen Kompositionen abfangen, aber es macht unverhohlenen Spaß, dem klaren Sprechgesang zuzuhören.

‚Zahnarzt – Zahn weg
Tür zu – Schlüssel weg
Monatsende – Geld weg
Weggegangen – Platz weg
Guter Freund – Freundin weg‘

Daher ist ‚Rochus‘ weniger eine herausragende musikalische Kulisse, als eher so etwas wie ein geistvolles Hörbuch. Es drohen keine ideologisch überhöhten oder kämpferischen Pamphlete, sondern herrscht ein gesunder Blick auf die Krankheiten unserer Spezie. Kritisch, aber nicht naiv, so sind die Joseph Boys. Ihre klare Konsumkritik ist erfrischend, ihr Lebensentwurf – wenn auch nicht vernünftig, siehe Song Nr. 6 – ist lehrreich, weil abgeklärt.

‚Mitten im Leben halt.‘

 

www.rookierecords.de

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