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The Deviant Chord

Sie geben nicht auf. Sechs Jahre nach der „Trennung für immer“ und vier Jahre nach der Reunion legen die Amerikaner nun endlich ein neues Studioalbum vor. Und das, soviel kann man vorwegschicken, ist ein urtypisches Jag Panzer-Album ohne moderne Anleihen geworden.

Die Mischung aus Iron Maiden, Judas Priest und dem Pathos der frühen Manowar, abgeschmeckt mit den auf den späteren Alben zu finden Folkelementen, mundet natürlich nach wie vor – auch wenn dieses Mal die „Violinenparts“ eher nach Synthie als nach Irlands grüner Insel klingen. Apropos Synthetik – die hat sich dieses Mal ziemlich breit gemacht. Die Vocals sind teilweise hörbar (!) mit Autotune, Melodyne – oder was auch immer an Sänger-Botox gerade in ist – nachbehandelt, und auch die Drums klingen arg künstlich und strotzen nicht gerade vor Details und Abwechslung. Ein Schelm, wer da… naja, Ihr wisst. Sowohl Gesang als auch Drums stehen dabei auch noch stark im Vordergrund, so daß die Produktion nur als mittelprächtig bezeichnet werden kann. Natürlich ist mir vollkommen bewusst, daß heutzutage auf fast keiner Metalproduktion mehr ohne Triggers gearbeitet wird, aber man kann sich doch zumindest Mühe geben und nicht immer nur das 08/15-Preset verwenden…

Im Positiven gibt es aber eine ganze Reihe cooler Songs zu verbuchen, die zwar nicht das Niveau von „Ample Destruction“ erreichen, aber deutlich besser als das Material von, sagen wir mal, „The Scourge Of Light“ ausgefallen sind. Einmal mehr sind die getrageneren Songs dabei am Überzeugendsten ausgefallen, denn Folkiges wie ‚The Long Awaited Kiss‘ oder der schleppende Titelsong setzen sich schlicht am Besten ins Ohr. Traditionelles Keep It True!!!-Besucher-Futter bieten der Maiden-mäßige Opener ‚Born Of The Flame‘, das, ähem, ebenfalls Maiden-mäßige ‚Salacious Behavior‘ und beiden Rausschmeißer, das Omen-meets-Manowar-mäßige ‚Fire Of Our Spirit‘ und die melodische Beinahe-Kamelot-Tribute-Nummer ‚Dare‘. Der Rest des Albums besteht aus eher durchschnittlicher Hausmannskost. Höhepunkte setzt natürlich der zurückgekehrte Joey Tafolla an der Leadgitarre – die Soli sind gelegentlich spektakulärer als die Songs. Harry Conklin ist nach wie vor ein exzellenter Sänger, doch die erwähnten technischen Spielereien stören den Hörgenuss gelegentlich dann doch empfindlich. Wie bei allen Jag Panzer-Alben nach 1984 fehlt eben einfach ein wenig das Besondere, was die Band übers Liebhaberthema heraushebt.

„The Deviant Chord“ kann somit allen existierenden Jag Panzer-Fans bedenkenlos ans Herz gelegt werden – ein Ausfall ist das Album sicher nicht. Für den Sprung in die erste Metal-Liga reicht es aber in diesem Leben wohl nicht mehr.

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