No No No
Ach, wie viele Bands und Songwriter sich nicht schon mit irgendetwas „zurückgemeldet“ haben sollen – ohne je verreist, verschollen oder anderweitig untergetaucht gewesen zu sein, wohlgemerkt. Für den 11.09.2015 scheint eine stilistische Ausnahmeregelung geboten, denn schließlich schrie lange keine Veröffentlichung so sehr nach der überstrapazierten Wendung des Sich-Zurückmeldens als diese jüngste, genauer gesagt vierte des Zach Condon.
Das Schicksal meinte es wahrlich nicht gut mit dem reifenden Wunderkind: Erschöpfung, Tour-Abbruch, Liebes-Aus, Scheidung, Sinnkrise und zu allem Überfluss eine Schreibblockade, wo eigentlich Musik immer am besten hilft. Einen Neuanfang und albenweise verworfenen Materials später fiel der Groschen, ein Condon reloaded pfiff seinen innersten Bandzirkel zu sich ins Studio und man zog ein Album hoch, an dem sich Seelen aufrichten lassen. ‚No No No‘ ist Quintessenz und Befreiungsschlag zugleich. Neun knappe und behagliche, selten lamentierende, oft sogar sommerlich spritzige Songs vereint die ausgerechnet während der Wintermonate gefertigte LP in sich. Diese mögen der orchestralen Spektakel der Vergangenheit zwar entledigt sein, umgrooven ihren Hörer aber dafür umso agiler, ohne dass ein schwer in der Luft liegender Balkan ihnen die Sicht vernebeln oder eine schier unbewältigbare weltmusikalische Fernweh alle Träume in Qual verwandeln würde. Da ist jemand angekommen und passenderweise auch gleich frisch liiert und entsprechend verzogen: Beirut liegt (und liebt und arbeitet) jetzt in der Türkei.
Sein ungetrübtes Gespür für feinstes Pop-Songwriting stellt Condon in den aus irgendeinem erschütternd simplen Grund total ergreifenden zwei Minuten und acht Sekunden von ‚At Once‘ unter Beweis. Ach, wie wenig es doch braucht für große Gefühle, wenn man es richtig angeht. Konkret etwa: ein Klaviermotiv, ein anrühriger Teppich aus Bläsern, ein vager Anflug von Getragenheit – „endlich“, so man diese denn vermisst hatte – und ein kleiner Vorrat an pathostauglichen Adverbien, bedeutungsvoll aneinandergereiht und gerüstet zur Dauerschleife – fertig! Mit dem für Beirut-Verhältnisse Allernötigsten wird das so eine runde halbe Stunde lang fortgeführt. Schunkeln erlaubt, allzu weites Abschweifen nicht. Und auch wenn es sich mit freundlichen Motiven, beherzten Rhythmen und schlanken Partituren allein nicht in die Geschichtsbücher eingehen lässt, ist dieses Album nicht weniger als ein Fest für die Herzen. Am meisten wohl für das Zach Condons. Ja, ich bleibe dabei: Beirut melden sich zurück. In Leichtbauweise. At once, at last, at all.