Live At The Symphony Hall

Es ist so sicher wie das „SLAYEEEER!!!“ auf dem Festival: nach jedem Magnum-Studioalbum folgt ein Jahr später entweder eine Compilation oder ein Livealbum. Nachdem 2016 die „Valley Of Tears“-Balladensammlung dran war, ist also nun wieder Zeit für einen Konzertmitschnitt. Unabhängig vom üblichen Release-Schedule macht „Live At The Symphony Hall“, welches das Abschlusskonzert der letzten Europatour doumentiert, aber tatsächlich Sinn. Nach dem Abgang von Langzeit-Keyboarder Mark Stanway, dessen Spiel den Magnum-Sound 42 Jahre lang stark geprägt hatte und Drummer Harry James, der sich künftig auf seine Hauptband Thunder konzentrieren möchte, muss das neue Line-Up hiermit also durchaus ein wenig beweisen, dass es die großen Schuhe der Vorgänger ausfüllen kann.

Soviel kann man vorneweg spoilern, die Neuzugänge machen ohne Frage einen guten Job. Ex-Paradise-Lost-Drummer Lee Morris ist mit seinem progressiveren, gleichzeitig leichtfüssigeren als auch härterem Spiel eine klare Bereicherung für die Band und erinnert erfreulich oft an Mickey Barker, der in der kommerziellen (und nach Meinung Vieler auch kreativen) Hochphase Teil der Band war. Keyboarder Rick Benton leistet durchaus Dienst nach Vorschrift, alle Sounds und Einsätze sind da – aber Mark Stanway ging da doch ein gutes Stück verspielter, eigenwilliger und auch dominanter zur Sache. Vermutlich aber einfach eine Frage der Zeit, bis sich auch Benton komplett eingelebt hat. Über Tony Clarkin und Al Barrow muss man kein Wort mehr verlieren – die Beiden bilden seit Ewigkeiten das grundsolide Rückgrat der Performance, und das ist auch hier nicht anders.

Problematischer wird es hingegen von Jahr zu Jahr mit den Vocals von Bob Catley. Natürlich erwartet niemand, dass der 71jährige immer noch exakt so klingt wie vor vierzig Jahren. Trotz oft in den Vordergrund gemischter Backings von Al Barrow und vieler tiefer gespielter Songs ist aber mittlerweile deutlich zu hören, das der Zahn der Zeit an Bobs Stimme ganz kräftig geknabbert hat. Ob es da Sinn macht, ausgerechnet den letzten Gig einer Tour mitzuschneiden, bei dem auch jüngere Sänger generell schon ein wenig „müde gesungen“ sind, ist durchaus diskussionswürdig. Keine Frage hingegen, dass Catley gerade in den ruhigen Songs immer noch fantastisch und charismatisch klingt, man nehme nur die tolle Version von ‚When The World Comes Down‘ als Beispiel. Doch in kraftvolleren und hohen Passagen rettet er sich immer öfter in angestrengt wirkendes, nun ja, Gegröle – man vergleiche die entspannt und exzellent gesungenen Strophen von ‚The Spirit‘ mit dem harten Refrain des Songs. Wieso die Band die Setlist nicht an die nach wie vor fraglos vorhandenen Stärken ihres Frontmanns anpasst, bleibt ein Rätsel.

Apropos Setlist. Die ist im Prinzip einmal mehr exakt so ausgefallen, wie man das seit (mindestens) zwanzig Jahren von Magnum kennt. Zur Hälfte gibt’s Songs der letzten beiden Studioalben, dazu einmal mehr die üblichen, immer gespielten Klassiker. Die Songs der letzten beiden Scheiben sind natürlich sehr willkommen. Auf ‚Lost On The Road To Eternity‘ gibt’s wie im Original einen Gastauftritt von Tobias Sammet, und Lee Small und Rebecca Downes unterstützen die Band bei ‚Without Love‘. ‚Crazy Old Mothers‘ bleibt auch live blass, ‚Sacred Blood, Divine Lies‘ und ‚Show Me Your Hands‘ nehmen hingegen live erst so richtig Fahrt auf. Weniger essenziell sind hingegen die gefühlt hundertsten Liveversionen von ‚Vigilante‘, ‚All England’s Eyes‘, ‚Les Morts Dansant‘ und ‚How Far Jerusalem‘, letzteres noch dazu mit über zehn Minuten Spieldauer einmal mehr über seinen Unterhaltungswert hinaus ausgedehnt. Bei einer Band mit derart großem Backkatalog ist es einfach ein wenig unverständlich, warum diesbezüglich nicht mehr Fluktuation herrscht. Schließlich haben Magnum kein ‚Smoke On The Water‘, das sie unbedingt „bringen müssen“, und Songs wie ‚Brand New Morning‘, ‚Just Like An Arrow‘, ‚Midnight‘ oder ‚The Moon King‘ wären dem Fan mit Sicherheit mindestens genauso willkommen wie, sagen wir, ‚All England’s Eyes‘. Immerhin, ‚Kingdom Of Madness‘, ‚On A Storyteller’s Night‘ und ‚Sacred Hour‘ wurden diesmal durch ‚Don’t Wake The Lion‘, ‚When The World Comes Down‘ und ‚When We Were Younger‘ ausgetauscht.

Das absolute Referenzwerk in Sachen Magnum ist „Live At The Symphony Hall“ also nicht geworden, eher ein Zuckerstück für eingefleischte Fans – die dürfen jegliche geäußerte Kritik auch gerne komplett ignorieren. Ein Rohrkrepierer wie die soundtechnisch ziemlich misslungene „Wings Of Heaven Live 2008“ ist das Doppelalbum nämlich auch nicht geworden. Der Sound ist diesmal exzellent, und die Qualität der Songs steht auch – Geschmacksfragen ausgenommen – nicht zur Diskussion. Doch im Vergleich zum letzten, ziemlich feisten Livealbum „Escape From Shadow Garden Live 2014“ und natürlich auch zum legendären „On The Wings Of Heaven“-Video ist Magnums neuster Mitschnitt eher im bandinternen Mittelfeld anzusiedeln. Fans greifen aber ohne Überlegen trotzdem zu.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar