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Leviathan

Therion – seit 34 (!) Jahren eine absolute Speerspitze des bombastischen Metals. Angefangen im Death Metal manövrierte man sich in diesen 34 Jahren durch 16 Alben bis hin zu „Beloved Antichrist“ – einer dreistündigen symphonischen Oper, progressiv, bombastisch, sperrig, herausfordernd, manche mögen es sogar übertrieben nennen.

Was macht man also nach solch einem Lebenswerk, wenn man Christofer Johnsson heißt? Üblicherweise galt von Therion-Album zu Therion-Album: Mehr, mehr, noch mehr, noch viel mehr.

„Leviathan“ ist nicht mehr. „Leviathan“ ist nichts Neues, nichts Kreatives, nichts Überragendes. Und damit das Neueste, Kreativste und Überragendste, was Therion machen konnten.

Ein solches Album, das speziell auf Eingänglichkeit, Hitdichte und Fanfavoriten zugeschnitten ist, haben Therion noch niemals gemacht – und um das zu unterstreichen, gibt die Band dem Hörer gar keine Chance, etwas Anderes zu erwarten. Ohne Intro, Geplänkel oder Orchestereinleitung haut einem der Opener „Leaf Of The Oak Of Far“ gleich den Metal um die Ohren, der die nächsten 50 Minuten das Album bestimmt. Das erinnert an „Lemuria/Sirius B“, an „The Secret Of The Runes“ und stellenweise gar an „Theli“. Neues, anders Gedachtes? Fehlanzeige.

Frauengesang, Männerchöre, Bombastik und Epik soweit das Auge reicht, und das Ganze verpackt in schneidige Songs zwischen 3 und 5 Minuten Länge, die glasklarer, bombastischer Heavy Metal sind.

Natürlich – immerhin sind wir hier bei Therion – sind alle Songs auf technisch höchstem Niveau, Feinheiten sind vorhanden und die Songs danken es einem, wenn man Kopfhörer nutzt. Egal ob die Metalballade „Die Wellen der Zeit“, die Stücke, die von großen Chorälen, übermäßigem Bombast und Querflöten getragen werden („Nocturnal Light“, „Tuonela“) oder schnellere Rausschmeißer im Stil von „From The Dionysian Days“ („Aži Dahāka“, das sensationelle „Great Marquis Of Hell“, mit einer Melodie, die einem den Schauer über den Rücken jagt) – alles ist natürlich bis ins Kleinste durchstrukturiert.

Nur: Die hohe Kunst ist es, hohe Kunst in vordergründig Trivialem zu verstecken. Diese Disziplin gab es bei Therion noch nicht – denn etwas so offenherzig Triviales wie „Leviathan“ gab es bei Therion eben noch nicht. In welch überragenden Form die Band es schafft, Triviales herausragend zu machen ist sowohl für den Fan als auch für den Musiker eine absolute Freude. Es gibt naturgemäß keine Ausfälle, die Stücke sind durchweg absolute Hits – natürlich sind sie das, wenn Christofer Johnsson das so will. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen ist solch ein Album eine absolute Offenbarung: grandios, immer noch anspruchsvoll, aber sehr zugänglich. Zum Niederknien.

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