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Joe Bonamassa – Der König des Blues hält Hof in Deutschland

1.jpg „Als das Licht im Saal ausgeht setzt erwartungsvolle Stille ein, bis psychedelische Orff-Klänge ertönen. Bereits kurz vor 20 Uhr gehen die Scheinwerfer an und Bonamassa betritt mit einem türkis-metallic Instrument die Bühne, die 7-köpfige Begleitband aus drei Bläsern, Bassist, neuem Keyboarder und zwei Perkussionisten stehen bzw. sitzen bereits voller Tatendrang parat. Den Auftakt macht der Ausnahmegitarrist und seine Band mit den ersten drei Songs des aktuellen Albums „Different Shades Of Blue“. Das Hendrix-Cover ‚Hey Baby‘ und die Eigenkompositionen ‚Oh Beautiful‘ und ‚Never Give All Your Heart‘ stehen typisch für den mit dem aktuellen Album noch weiterentwickelten Big-Band-Sound mit Trompete und Saxophon, inklusive gelegentlicher Funk-Einflüße. Die Blues-Singer-Songwriter-Tage von früher sind definitiv Vergangenheit. Die brillanten Musiker der Band lassen aber natürlich nicht den kleinesten Grund zur Klage. Bassist Carmine Rojas und Drummer Tal Bergman sind schon eine Weile mit an Bord und setzen als Rhythmus-Sektion 2 Stunden lang die erstklassige Grundlage für die Solis des Meisters. Neu ersetzt Steve Wynans an den Tasten Bonamassas bisherigen Live-Keyboarder Derek Sherinian, bekannt unter anderen vom Projekt Black Country Communion und Bands wie Dream Theater und Alice Cooper. Wynans dagegen kann mit Stolz behaupten, mit dem berühmten Stevie Ray Vaughan und dessen Band Double Trouble gespielt zu haben, mit denen er frischgebackenes Mitglied der Rock’n’Roll Hall of Fame ist. Die drei Bläser stehen hinter ihren dunklen Pulten mit Bonamassa-Schriftzug und schmecken das abendliche Blues-Menü zu einem vollmundigen Gericht ab. Viel Kompetenz und Groove auf der Bühne also, aber natürlich sind alle wegen dem 37-jährigen Amerikaner gekommen, dessen Markenzeichen außer seiner Saiten-Zauberei inzwischen der dunkle Anzug und Sonnenbrille sowie die gegelten Haare geworden sind.

2.jpg „Doch zumindest bis nach dem großartigen Howlin Wolf Cover ‚Hidden Charms‘, bei dem Wynans mit seiner Hammond-Orgel wundervoll-psychedelische Akzente setzt, wirkt Bonamassa noch etwas kühl – obwohl er sein Instrument mit schlafwandlerischer Leichtigkeit spielt. Doch mit dem folgenden ‚Living On The Moon‘, ebenfalls vom neuen Album scheint der New Yorker dann endlich in seinem Element angekommen und spielt mehr und mehr befreiter, ja steigert sich im wahrsten Sinne emotional in seiner Performance. Die Tour ist neben der eigenen Stücke, vor allem vom neuen Album, eine große Verbeugung an die Vorbilder Bonamassas. Nicht weniger als 8 der 17 Songs des Abends sind Cover-Songs von Muddy Waters, Howlin Wolf, Jimi Hendrix oder Otis Rush. So wie das eher gemächliche ‚Double Trouble‘, bei dem Gitarre und Gesang im Vordergrund stehen. Besonders beeindruckend im Cover-Reigen ist nach ‚I Gave Up Everything‘ dann ‚Look Over Yonders Wall‘. Schon der Beginn ist ein Highlight, mit Wynans, der an seiner Hammond-Orgel durchdreht und sich im Laufe des Song mit Bonamassa ein Hin-und-Her-Duell am jeweiligen Instrument liefert. Als die Hammond-Orgel wegen techischer Probleme für eine Weile ausfällt, jammt Bonamassa ganz Profi weiter und macht aus der Not eine Tugend. Das ohnehin schon knapp zehn Minuten lange Lied wird durch den mehrminütigen Improvisations-Jam inklusive Decrescendo und Crescendo noch etwas länger. Das Publikum lacht über die Scherze Wynans und applaudiert Bonamassa für seinen Gitarren-Jam, der nach dem Song seine Band präsentiert. Die professionelle und übliche Geste lässt aber keinen Zweifel daran, natürlich bei allen Begleitinstrumenten natürlich völlig zu Recht die Gitarrenzaubereien des Maestro im Zentrum des Abends stehen.

3.jpg “ Der ‚All Night Long Boogie‘ von Howlin Wolf sorgt mit seinem Big-Bang-Blues und erneut viel Raum für Wynans für jede Menge traditionellen Groove und im Publikum zeigt sich mehr und mehr Begeisterung, ausgedrückt durch Bewegung auf den Stühlen und in den Gängen. Nach dem folkigen ‚Love Ain’t A Love Song‘ vom neuen Album folgt die erste echte Ballade ‚Sloe Gin‘, die Bonamassa alleine bei reduziertem Licht präsentiert. Unter großem Applaus schließt Bonamassa sein reguläres Set mit der beliebten, beinahe viertelstündigen ‚Ballad Of John Henry‘ sehr würdig ab. Minutenlange Gitarren- und Orgelklimpereien auf höchstem Niveau werden mit stehenden Ovationen belohnt, nachdem sich der unangefochtene Meister des Abends von seinem Publikum verabschiedet. Zumindest auf dem Parkett hält es niemanden mehr auf dem Sitz, als die Band das Muddy Waters Cover ‚All Aboard‘ zum besten gibt. Daß er eine großer Bewunderer von Waters und Howlin Wolf ist, zeigen nicht nur die zahlreichen Songs des Abends und das diesen Monat noch erscheindene Tribute-Album „Muddy Wolf at Red Rocks‘, sondern die besondere Hingabe von Bonamassa. Die Songs werden zelebriert und es fehlt auch nicht die gewisse Prise vom Stil des jeweiligen Künstlers. Passend endet der gelungene Abend mit dem letzten Song des aktuellen Albums. Das ruhige ‚So, What Would I Do‘ mit seinem Gospel-Feeling ist der perfekte Abschluss eines Abends, der zunächst verhalten begann, jedoch durch die pure Energie und Leidenschaft des Ausnahmegitarristen doch noch gelungen zu Ende geht. Bei der bombastischen Lautstärke hätte es auch etwas weniger getan, ob nun Big-Band-Bombast oder reduziertes One-Man-Show-Szenario dagegen muss Geschmackssache bleiben. Zumal beides absolut seinen Reiz hat.

Setliste Joe Bonamassa (Stuttgart, Liederhalle, 3. März 2015)

Hey Baby (New Rising Sun) (Jimi Hendrix Cover)
Oh Beautiful!
Never Give All Your Heart
Hidden Charms (Howlin‘ Wolf Cover)
Living On The Moon
Trouble Town
Double Trouble (Otis Rush Cover)
I Gave Up Everything For You, ‚Cept the Blues
Look Over Yonders Wall (Freddie King Cover)
One Less Cross To Bear
All Night Boogie (All Night Long) (Howlin’ Wolf Cover)
Someday After A While (Freddie King Cover)
Love Ain’t A Love Song
Sloe Gin
The Ballad Of John Henry

Zugabe:
All Aboard (Muddy Waters Cover)
So, What Would I Do

Fotos: Sonja Frick
Header: Michael Buch

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