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Jagd und Hund

Denkt man an Deutschpunk, fallen einem Attribute wie schrammelig, schmutzig, witzig, leider mittlerweile auch langweilig ein. Dann schwirren Bands wie Terrorgruppe oder Dritte Wahl durch den Kopf, die mal so was wie die Helden der rebellischen Pubertät von so manch einem waren und alle noch oder wieder da sind und ein belangloses und höchstens noch nostalgisch wertvolles Album nach dem nächsten veröffentlichen. Deutschpunk hat sich in den vergangenen zehn Jahren zur Sackgasse entwickelt. Aber meckern ist ja bekanntlich immer leicht – auch im Punkrock. Dass sich Deutschpunk jedoch auch weiterentwickelt, zeigen Love A. So viel vorab: Ihr neuestes Werk ‚Jagd und Hund‘ könnte für das Genre und die Szene gleichermaßen wichtig werden.

Love A machen keinen Schrammel-Punk mit plumpen Parolen. Sie sind aber auch keine Pop-Punkband, die nach Weichspüler riecht und sich jeden Tag den Mode-Iro kämmt. Die Kölner verpacken intelligente Texte in progressive Post-Punk-Songs. Qualität auf lyrischer sowie musikalischer Linie also. Sänger Jörkk Mechenbier ist eigentlich kein Sänger, mehr ein Schreier, aber das wiederum mit Charakter. Zeilen wie

‚Die kleine Elite an der Ecke / Schnorrt mittlerweile umgerechnet dreimal. / Und die Raucherkneipe ist sicher auch bald ein Sushi-Lokal‘

nimmt man ihm einfach ab. Er schafft es, durch seine ganz eigene Sprach- beziehungsweise Gesangsmelodie und seine markant-klare Aussprache eine Symbiose mit dem sehr hellen Grundsound des Albums zu bilden. Die Songs wirken dadurch enorm präsent und rufen geradezu: ‚Hey du, hör mir zu. Ich habe dir wichtige Dinge zu sagen‘. Gespannt klebt man an jedem Wort. Die fast immer straight durchgespielten Gitarren halten den Hörer bei der Stange. Oft spielt Mechenbier mit Sarkasmus und Galgenhumor.

‚Man muss nicht alles mögen / Man muss nicht alles ändern wollen / Wenn man sie kennt darf man getrost die Regeln brechen / Weil die meisten doof sind, fällt’s uns gar nicht schwer / Nur wer aufgestanden ist, der darf sich setzen / Und darum bleiben hier so viele Stühle leer.‘

Die Songs sind nicht rau, eher weich und glatt produziert. Trotzdem gibt es Ecken und Kanten, die ein Punkrock-Album natürlich auch braucht. ‚Jagd und Hund‘ macht einen sehr durchdachten Eindruck und erhebt sich damit über alle Traditionsalben der alten Helden, die man nur hört und kauft, um sich zurück zu erinnern. Love A sind im Hier und Jetzt. Zusammen mit Bands wie Feine Sahne Fischfilet und den Kafkas halten Love A den deutschen Punkrock nicht nur am Leben, sondern entwickeln ihn sogar weiter.

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