Ian Gillan & The Javelins

Schon zum zweiten Mal reformiert Deep Purple-Stimme Ian Gillan seine erste Profiband The Javelins, um ein paar Klassiker aus ihrer Jugend zum Besten zu geben. Wie schon auf „Sole Agency And Representation“ gibt es auf dem aktuellen Werk eine Handvoll unsterblicher Hits aus den Fünfziger- und Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Soul, Blues, Rock’n’Roll, Doo-Wop, Pop, Country – alles garantiert ohne moderne Anwandlungen oder irgendwelchen kommerziellen Druck.

Ja, und wie schon auf dem Debüt wird das die Deep Purple-Fangemeinde wieder tief spalten. Die harte Fraktion, die am Liebsten darüber philosophiert, ob Ian Paices Hihat-Achtel anno 1970 oder oder 1971 präziser waren, ob Steve Morse das ‚Smoke On The Water‘-Riff spielen kann (allgemeiner Konsens: nein – kein Scherz!) oder um wieviele Prozent Glenn Hughes bei welcher Show an ‚Georgia On My Mind‘ vorbeigequiekt hat, darf auch das zweite Javelins-Album wieder schrecklich finden. Aber denen ist eh‘ nicht mehr zu helfen. Der Rest der Welt bekommt ein superlauniges und tiefenentspanntes Album im britischen Beat-Stil der frühen Sechziger und freut sich über die hörbare Spielfreude, die Gillan und seine erneut in Originalbesetzung angetretene Altherrenmannschaft verbreiten. Natürlich, man könnte The Javelins vorwerfen, den Songs eigentlich keine neuen Facetten abzugewinnen. Aber, einmal mehr war das nicht Sinn der Sache. Es handelt sich laut Sleevenotes grundsätzlich um die gleichen Arrangements, die die Band schon vor mehr als fünfzig (!) Jahren in Bars, Clubs und Kneipen gespielt hat. Darunter gibt’s Verbeugungen vor Chuck Berry, Buddy Holly, Jerry Lee Lewis, Ray Charles, Howlin‘ Wolf, Bo Diddley, Roy Orbison, The Contours und Sam Cooke, meist ganz schnörkellos mit Drums, Bass, Gesang und zwei Gitarren. Nur gelegentlich steuert Ians Deep Purple-Kumpel Don Airey ein wenig Piano bei oder es erklingen weibliche Background-Chöre – hauptsächlich ist das hier ein verspätetes Denkmal des klassischen Barband-Sounds der Sechziger, wie ihn beispielsweise auch die Beatles im Cavern oder Star Club gespielt hatten.

Zugegeben, von der Wildheit der Original haben die Songs nicht mehr viel, das wird aber von rüstigen Rentnern auch niemand mehr erwarten. Das Aushängeschild der Javelins ist natürlich die nach wie vor außergewöhnliche Stimme ihres Frontmannes, der nicht allzu überraschend der einzige der Fünf war, der eine große Karriere im Musikgeschäft gemacht hat. Dennoch verkneift sich Gillan jegliche Extravaganzen und lässt sich stattdessen vom grundsoliden, locker swingenden Groove der Band tragen. Eigentlich nur schade, dass das Album erst jetzt erscheint, schreit es doch geradezu nach Grill- oder besser noch Strandpartys und Sonnenschein. Natürlich ist dies hier kein großes, die Welt veränderndes Kunstwerk, will es auch nicht sein – sondern einfach „nur“ bestes Rock’n’Roll-Entertainment mit Gute-Laune-Garantie. Von mir aus darf Mr. Universe gerne noch mehr davon nachschieben!

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